Der Oberbürgermeister macht Antiwerbung für Wuppertal: Sein Weg als Oberbürgermeister in Wuppertal sei ein Weg durch die Hölle gewesen, sagte er kürzlich in einem
Interview mit der bundesweit gelesenen taz. Die vielen NEIN-Sager in der Politik hätten ihm zwei Jahre lang einen solchen Weg zugemutet.
Nun gehöre ich wegen meines NEINs zur BUGA sicher auch zu den Personen, die Schneidewind seinen Höllenweg bereitet haben. Dass er seine erste Zeit in Wuppertal so
empfindet, sei ihm unbenommen. Aber trifft sein Gefühl auch die Wirklichkeit?
Prof. Dr. Schneidewind ist Oberbürgermeister in einer Großstadt in einem demokratischen Land. Zur Demokratie zählt notwendigerweise die Diskussion. Anders als in einem
autokratisch regierten Land oder gar in einer Diktatur kann hier nicht ein einzelner bestimmen, was zu geschehen hat. Das permanente Gespräch mit den Bürgern ist ein fundamentaler Baustein der
Demokratie. Auch eine gewonnene Wahl ist kein Freibrief für Diktieren statt Diskutieren.
Und hier liegt die Fehleinschätzung des hochgerühmten Wissenschaftlers, der einen Weg in die Politik suchte, um seine Vorstellungen umsetzen zu können. Das geht nicht
durch Autorität. Das geht nur durch permanente Diskussionen, durch Zuhören, durch viel Überzeugungskraft und durch Kompromisse.
Das hat Schneidewind wohl so nicht gesehen. Zur BUGA wollte er keine Diskussionen. Er hatte für die ganz knapp gewonnene Bürgerentscheidung lediglich fünf
Werbeveranstaltungen und viel Werbung durch die Stadt und den Förderverein geplant. Grundsätzliche Kritik an einer BUGA in Wuppertal sollte möglichst nicht zu Gehör kommen. Dass letztlich für zwei
Drittel der Abstimmungsberechtigten diese BUGA so unwichtig und uninteressant war, dass sie nicht einmal den Wahlzettel ausfüllten, hat Schneidewind nicht interessiert. Gewonnen mit 18,3 Prozent der
abgegebenen Stimmen gegen mehr als achtzig Prozent Gegenstimmen und Enthaltungen war und ist für ihn der Freibrief für die Durchführung der BUGA. Juristisch korrekt, aber steht damit die Wuppertaler
Bürgerschaft hinter seinen mehr als 80 Millionen € teuren Plänen zur BUGA, selbst wenn der Stadtrat den Plänen zustimmte?
NEIN!
Und hier kommen wir zu dem zentralen Problem: Dieses offensichtliche NEIN der Bürger kann der Oberbürgermeister nicht ertragen. Er will nicht diskutieren, er will seine
Träume nicht in Frage stellen lassen, er will seinen Willen durchsetzen, koste es, was es wolle.
Dass das Rechtsgutachten zur Hängeseilbrücke diese für nicht realisierbar hält, egal. Dass der Kämmerer die mehr als achtzig Millionen
€ für die BUGA nicht für finanzierbar hält, egal. Dass das zerstückelte und hässliche Areal im Tescher Loch zwischen hohen Bahndämmen keinesfalls zur Werbung für weitere Wuppertal-Besuche taugt,
egal. Dass tausende Autos und Busse während einer BUGA die Kaiserstraße und den Westring zusätzlich blockieren, egal. Dass
diese Autos wegen eines fehlenden BUGA-Parkplatzes den Wuppertaler Westen überfluten und ein halbes Jahr lang den Bürgern die Parkplätze wegnehmen, völlig
egal. Schneidewind
diskutiert darüber nicht, er lässt alle Kritik an seinen BUGA - Plänen einfach abprallen.
Wie kann er sich dann wundern über die Reaktion vieler Politiker und Bürger, die dazu NEIN sagen?
Wenn Politiker die Interessen der Bürger nicht mehr ernst nehmen, dann bleibt nur der Widerstand, "Sage Nein!". 1947 haben Wolfgang Borchert und 1978 Konstantin
Wecker angesichts drohender Kriege hierzu literarische Ewigkeitstexte verfasst: "Sage Nein".
Prof. Dr. Schneidewind mag keine Nein-Sager. Sie haben ihn in Wuppertal durch seine Hölle gehen lassen. Alle Bitten und Aufrufe um Diskussionen, auch von mir, hat
er überhört. Allen Auseinandersetzungen ist er aus dem Weg gegangen. Da fragt man sich, ob er sich nicht letztlich selbst diese Hölle gebaut hat. Uns Bürgern bleibt nur das laute NEIN, wenn einer
herrschen und nicht demokratisch diskutieren will.
Und wie wichtig dieses NEIN für Wuppertal ist, zeigt als gutes Beispiel die Posse um die Sperrung der Kaiserstraße für die BUGA.
Des Oberbürgermeisters eigene ihm unterstellte Verwaltung hat klar und eindeutig festgestellt, dass eine Sperrung wegen des ebenfalls überlasteten Westrings nicht
möglich und auch nicht genehmigungsfähig sei. Ausnahme ein Event. Gemeint ist vermutlich der Flohmarkt an einem Wochenende. Zufriedenheit über diese klare Aussage bei der Vohwinkler
Bezirksvertretung. Erleichterung bei vielen Vohwinklern. Doch der OB lässt nicht locker: "Dann machen wir halt ein großes Event!" Er tut so, als wenn wegen eines Festes die Sperrung der
Hauptverkehrsstraße in Vohwinkel auch während der Woche möglich und erlaubt sein könne. Umgehend plant er für Herbst 2025 ein vierzehntägiges Fest auf der Kaiserstraße, um die Konsequenzen der
Sperrung zu testen. Unfassbar: Ein Test 2025 soll dafür aussagekräftig sein, ob man bei der BUGA 2031 die Kaiserstraße als Eventlocation sperren kann. Dabei übersieht er völlig, dass während der
BUGA 2031 zusätzlich täglich tausende Autos und Busse durch Vohwinkel fahren müssten. Was könnte also ein Test 2025 ohne diesen Verkehr aussagen? Nichts! Dieser Test ist völlig wertlos.
Der OB ärgert sich über die NEIN-Sager. Das kann er tun. Aber wenn er sich ganz offensichtlich der Realität verweigert, dann wird das NEIN der Bürger zur demokratischen
Pflicht. Wer die demokratische Diskussion nicht will, dem kann man nur ein Nein entgegensetzen, um Schaden von unserer Stadt abzuwenden. Wolfgang Borchert ist längst tot, aber Konstantin Wecker ist
auf Tournee und ermutigt, sich zu wehren: "Sage Nein!"
Manfred Alberti
manfredalberti@hotmail.com
www.manfredalberti.de
veröffentlicht in WTOTAL am 21.03.2024