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Ausführungen zur
presbyterial- synodalen  Ordnung

 

Dr. Henning Theissen
(Uni Greifswald)  4.1.2011

 

….Ausdrücklich kam der Vorschlag, die Pfarrstellenplanung ganz auf
Kirchenkreisebene anzusiedeln, schon 2007 auf den Tisch, als die damalige AG I
aus der Prioritätendiskussion 2006 eine Vorlage zur presbyterial-synodalen
Ordnung unterbreitete. Diese …Vorlage …war so substanzlos, dass sie im
Gegensatz zu den Vorschlägen der AG II, auf denen der jetzige rheinische Umgang
mit den mbA-Stellen beruht, zu keiner Beschlussfassung führte.

Jetzt zeigt sich aber, dass der Ungeist der Vorlage von 2007 doch noch
nicht in der Versenkung verschwunden ist. In der neuen Vorlage für 2011 kehrt
er wieder und damit auch das Problem, das ich als wissenschaftlicher Theologe
sehe. Beide Vorlagen (2007 und 2011) benutzen die Begriffe presbyterial und
synodal so, als seien damit zwei kirchliche Organisationsebenen gemeint, eine
niederstufige (Gemeinde = Presbyterium) und eine höherstufige (synodal =
Kirchenkreis oder Landeskirche). Von da aus argumentieren die Vorlagen nur noch
mit Gesichtspunkten der Organisationsentwicklung, um diese beiden Ebenen
aufeinander zu beziehen.

Ihr gutes Gewissen wollen sich die Vorlagen bei diesem Vorgehen m.E.
dadurch sichern, dass sie sich explizit oder implizit auf den Vortrag stützen,
den Hellmut Zschoch 2006 vor der Landessynode hielt und der der einzige
substanzielle Bestandteil der Vorlage von 2007 war. Zschochs einwandfreier
Vortrag hatte einen geschichtlichen Überblick ohne Werturteile gegeben, wird
nun aber für sachfremde Zwecke ausgeschlachtet.

 

In dieser Situation ist es m.E. dringend notwendig, dass man deutlich auf
diejenigen Aspekte der presbyterial-synodalen Ordnung hinweist, die sich nicht
mit organisationsstrategischen Kalkülen (s.o.) verrechnen lassen, weil sie
theologischer Natur sind, und das sind vor allem die folgenden:

 

- Presbyterial-synodale Ordnung bedeutet Pfarrwahlrecht der Gemeinden (im Unterschied zu
konsistorialem Besetzungsrecht).

- Presbyterial-synodale Ordnung bedeutet, dass in allen Synoden die
Ordinierten keine Mehrheit haben
(im Unterschied zu Bischofssynoden).

- Presbyterial-synodale Ordnung bedeutet, dass kirchliche
Leitungsverantwortung ausschließlich durch synodale Wahl zustandekommt
(im Unterschied zu
Modellen kirchlicher Leitung, die auf personale Repräsentation abheben und
dabei in Entsprechung zum katholischen Episkopat gedacht sind).

- Presbyterial-synodale Ordnung bedeutet, dass alle kirchlichen
Leitungsentscheidungen, besonders solche, die von ständigen Leitungsgremien
(v.a. Kirchenleitung)
getroffen werden, vor der Synode verantwortet werden müssen (im Unterschied zu
kirchlicher Leitung, die "von Amts wegen" bürokratisch auf
Dezernentenebene im Landeskirchenamt ausgeübt und so der synodalen Kontrolle
entzogen wird).

Mit alldem bedeutet presbyterial-synodale Ordnung grundsätzlich, dass
die Landeskirche sich von der Gemeinde her aufbaut,
wie es die kleinste
deutsche Landeskirche (Anhalt), die sich unter dem bestehenden Reformdruck seit
Jahren erstaunlich stark darstellt, in ihrer Kirchenordnung formuliert hat.

 

Das Problem der organisationsstategischen Zweckentfremdung theologischer
Kirchenmerkmale, das jetzt an der Vorlage für 2011 erneut sichtbar wird, ist
nicht auf die rheinische Kirche beschränkt, sondern lässt sich genauso an der
Kirchenreform der EKD, konkret am Impulspapier "Kirche der Freiheit"
und dessen Umsetzung, nachweisen (ich habe das jüngst in einem Aufsatz fürs
Lutherjahrbuch 2010 untersucht…). Man muss also, wenn man gegenwärtig die
theologische Qualität der presbyterial-synodalen Ordnung hochhält, mit starkem
Gegenwind rechnen. Üblicherweise verkleidet sich dieser Gegenwind so, dass man
entweder finanzielle oder demoskopische Sachzwänge ins Feld führt (so gern im
EKD-Impulspapier), oder man verweist auf die befürchteten schlimmen Folgen, die
angeblich eintreten, wenn die angestrebten restriktiven Steuerungsinstrumente
nicht eingeführt werden, die die presbyterial-synodale Ordnung aushebeln sollen
(so bevorzugt in der rheinischen Kirche).

 

 

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