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Pfarrvertretung in der Evangelischen Kirche im Rheinland

Asta Brants, Vorsitzende                                                     Königsberger
Straße 68

                                                                                                      52078
Aachen

                                                                                                            <Datum>

 

 

Liebe Pfarrkolleginnen und Pfarrkollegen,

 

die Pfarrvertretung hat erst kurzfristig die Vorlage „Kirchliche
Personalplanung“
der Kirchenleitung für die Landessynode 2011 zur Kenntnis
bekommen. Die Vorlage der Kirchenleitung für die Landessynode 2011 finden Sie
unter http://www.ekir.de/www/downloads/LS2011_DS_04_Personalplanung.pdf.

Mit großer Sorge betrachten wir die  darin zum Ausdruck kommenden Ziele der Personalentwicklung und ihre  Auswirkungen auf Gemeinde und Pfarramt. Dabei anerkennt die Pfarrvertretung durchaus die Bemühungen  um einen
ausgewogenen „Personalmix“.

 

Die Landessynode soll im Januar
2011 einen Grundsatzbeschluss fassen, nach dem die gesamte Personalplanung und
die Begründung der Dienst- bzw. Beschäftigungsverhältnisse der Pfarrerinnen und
Pfarrer sowie der Mitarbeitenden ab 2012 auf die Kirchenkreise bzw. die Kreissynodalvorstände
übergehen.

 

Diese angestrebte Verlegung der
Personalplanungskompetenz beschneidet aber in erheblichem Maße die zentralen
Rechte der Gemeindeleitung durch die Presbyterien: Die Pfarrwahl durch die
Gemeinde und die Anbindung der Pfarrerinnen und Pfarrer an die jeweilige Gemeinde
werden dabei genauso in Frage gestellt wie die Verfügung der Gemeinden über die
Kirchensteuermittel für den Einsatz von Mitarbeitenden. Das Presbyterium
verliert zentrale Aufgaben der Gemeindeleitung. (NB: Durch NKF wird angestrebt,
die Verwaltung der Kirchengebäude und Gemeindezentren ebenfalls auf die Ebene
des Kirchenkreises oder der Landeskirche zu verlagern.)Auch wenn ein
Grundsatzbeschluss noch nicht alles festlegt und Raum für unterschiedliche Modelle
und für viel Kreativität lässt, sind wir doch der Meinung, dass eine
grundlegende Strukturveränderung unserer Kirche noch nicht genügend diskutiert
wurde und es insbesondere an presbyterialer Beteiligung mangelt.

 

Ein Proponendum ist das Mindestmaß an Gemeindebeteiligung!

 

Die Pfarrvertretung bittet alle
Kolleginnen und Kollegen: Machen Sie durch Gespräche mit den Abgeordneten zur
Landessynode Ihren Einfluss geltend, damit über diese grundlegenden Fragen
nicht ohne Beteiligung der Gemeinden und der Presbyterien entschieden wird!

 

Wir beziehen uns  auf den zentralen Satz im Grundsatzbeschluss
der Vorlage „Kirchliche Personalplanung“ (Beschlussantrag 1a):

„Steuerungsebene für die kirchliche Personalplanung wird der Kirchenkreis.“

 

1. Die Vorlage verfolgt aus unserer Sicht die Umsetzung folgender
Ziele:


  • eine Personalplanung von landes- und
    kreiskirchlicher Ebene aus;

  • Anbindung der Pfarrerinnen und Pfarrer an die
    Kirchenkreisebene, um ihren Einsatz zentral steuern zu können;

  • durch konzentrierte Verwaltung und Zuteilung der
    Personalfinanzen Bildung von Stellenplänen mit Vollzeitstellen für
    Mitarbeitende in den Bereichen Kirchenmusik, Küsterdienst, Jugendarbeit und
    Verwaltung;

  • Aushöhlung der Kirchensteuerhoheit der Gemeinden
    durch zusätzliche Personalkostenumlagen.

 

2. Personalplanung „von oben“ statt Orientierung an Gemeindeinteressen

Das große Defizit der Vorlage
besteht unseres Erachtens darin, dass die Interessen der Gemeinden und
Presbyterien nicht ausreichend berücksichtigt werden:


  • Es bleibt unberücksichtigt, dass Gemeinden ihre
    finanziellen Mittel im Rahmen einer lokalen Prioritätensetzung
    (Gemeindekonzeption) verwenden wollen, statt nach externen Verteilungskriterien
    nur Anrecht auf bestimmte Anteile und Funktionen zu haben.

    • Es bleibt unberücksichtigt, dass Gemeinden
      lieber einen eigenen, von ihnen ausgesuchten und zu ihnen passenden
      (Teilzeit-)Mitarbeitenden beschäftigen wollen, statt einen abgeordneten
      Mitarbeitenden des Kirchenkreises entsandt zu bekommen.

    • Es bleibt unberücksichtigt, wie zeitgleiche
      Dienste – insbesondere im ländlichen Raum – von entsandten Mitarbeitenden
      übernommen werden können: z.B. Organistendienst am Sonntagvormittag,
      Küsterdienste im Winter in mehreren Ortschaften.

 

3. Gemeindeentwicklung ist unkalkulierbar

Die Erfahrung vieler Mitarbeitender
in den Gemeinden zeigt, dass sich prozessorientierte Gemeindearbeit häufig
übergeordneter Planung entzieht. Gemeindearbeit steht und fällt mit den
(ehrenamtlich) Mitarbeitenden und ihren Interessen und Fähigkeiten. Die
letztlich erfolgreichen Teile der Arbeit resultieren häufig aus „weichen“
Kriterien wie Begegnungs- und Beziehungsgeflechten, die sich nur „vor Ort“
entwickeln lassen.

Darum muss eine Kirchengemeinde mit
ihrem Presbyterium vor Ort und zeitnah auf Veränderungen reagieren können. Eine
gute Gemeindeleitung braucht offene Ohren und Herzen und eine große Nähe zur
Gemeinde – für eine gute und organisch funktionierende Gemeindearbeit.

 

4. Zentralisierte Personalplanung – die Zukunft kirchlichen Lebens?

Wir glauben nicht, dass die
Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigt, wenn sie als Beschäftigte auf
Kirchenkreisebene angestellt werden, denen (ggf. wechselnde) Einsatzorte
zugewiesen werden. Motivation, Zufriedenheit und Verantwortungsbereitschaft der
Mitarbeitenden sind eher zu steigern, wenn ihnen ein überschaubarer
Bereich  eigenverantwortlich überlassen
wird. Je mehr Mitarbeitende auf Kirchenkreisebene angestellt werden, desto
weniger Mittel bleiben für die (überwiegend ehrenamtlich zu leistende) Arbeit
vor Ort.

Wir befürchten, dass eine
Verlagerung der Beschäftigungsverhältnisse auf die Kirchenkreisebene nicht ohne
personelle Einbußen (betriebsbedingte Kündigungen) einhergehen wird.

 

5. Personalplanung: Umverteilung von „unten“ nach „oben“

Die Übertragung der Personalplanung
auf die Ebene des Kirchenkreises verlangt einen weitreichenden Umbau von
Gemeindestrukturen. Wir bezweifeln, dass es dadurch zu Qualitätsverbesserungen,
Einsparungen oder Sicherung der Zukunftsfähigkeit kommt.

Wir glauben nicht, dass ein
Kreissynodalvorstand in einem Flächenkirchenkreis hinsichtlich des
Personaleinsatzes zeitnah und angemessen auf aktuelle Entwicklungen in einer
einzelnen Gemeinde reagieren kann.

Wir halten eine Überforderung der
kreiskirchlichen Ebene für sehr wahrscheinlich.

Wir befürchten, dass die
Verschiebung der Verantwortung für die Gemeinde vom Presbyterium zum
Kirchenkreis die gesunden Strukturen in vielen Gemeinden zerstören und so nachhaltig
unsere Landeskirche auf breiter Front schädigen wird.

 

 

Als Pfarrvertretung geben wir im Blick auf den Dienst der Pfarrerinnen
und Pfarrer besonders zu bedenken:

 

6. Gemeinden verlieren Pfarrwahl und Anbindung der Pfarrerinnen und
Pfarrer

Die Vorlage plädiert für eine
Gleichbehandlung aller Mitarbeitenden in der Kirche. In Analogie zu den
Mitarbeitenden ist also davon auszugehen, dass angestrebt wird, auch die
Pfarrerinnen und Pfarrer dem Kirchenkreis zuzuordnen und sie dann in bestimmtem
Dienstumfang den Gemeinden zuzuweisen.

Der Kirchenkreis kann die Pfarrerinnen
und Pfarrer aufgrund seiner Steuerungsfunktion auch jederzeit wieder anderswo
einsetzen (Abordnung).

Damit verlieren die Gemeinden eine
zentrale Aufgabe der presbyterialen Gemeindeleitung: die Pfarrwahl.

In der Folge wird sich die
Leitungskompetenz von der Gemeindeebene (Presbyterium) auf die
Kirchenkreisebene verlagern. Die schon bisher erfolgte systematische Stärkung
des Amtes der Superintendenten und Superintendentinnen in unserer Landeskirche
hat zur Folge, dass Leitung noch stärker hierarchisch erfolgen wird.

Besonders dringend muss in diesem
Zusammenhang diskutiert werden, wie sich das Berufsbild der Pfarrerinnen und
Pfarrer verändern wird, wenn sie nicht mehr mit großer Eigenverantwortung und
Unabhängigkeit in den Gemeinden ihren Dienst tun, sondern ihr Einsatz vom
Superintendenten oder der Superintendentin zentral gesteuert wird.

 

7. Verkürzte Sicht auf die Aufgaben der Pfarrerinnen und Pfarrer

Die Reduzierung pfarramtlicher
Aufgaben auf die vermeintlich einzigen Kernkompetenzen der Pfarrerinnen und
Pfarrer, Verkündigung und Seelsorge (Kap. 2.1.) übersieht, dass die Kirchenordnung
(Art. 21) den Pfarrerinnen und Pfarrern die Mitarbeit in der Gemeindeleitung
zuordnet. Damit legt die Kirchenordnung fest, dass die Gemeindeleitung ein geistliches
Amt ist.

Pfarrerinnen und Pfarrer haben eine
zentrale Aufgabe in der Koordination der Gemeindearbeit und der Mitarbeitenden,
in motivierendem und schulendem Umgang mit Ehren- und Hauptamtlichen, als
Bindeglied zwischen Presbyterium und Mitarbeitenden und in der Anregung vieler
Prozesse gemeindlicher Arbeit – ganz im Sinne von Eph. 4. So wie andere Bereiche
der Gemeindearbeit (Jugendarbeit, Kirchenmusik) der professionellen Begleitung
und Förderung vor Ort bedürfen, ist dies auch für die Bereiche erforderlich,
die vorrangig dem Pfarrdienst zugeordnet sind (Seelsorge, Gottesdienst,
Unterricht und Gemeindeleitung).

 

 

Perspektive: Verlierer und Gewinner

Während die Gemeinden und die
Presbyterien die großen Verlierer dieser Vorlage sind, wird der Verwaltungsbereich
erheblich ausgeweitet und vermutlich auch finanziell aufwändiger. Die
Verwaltungen werden Leitungsaufgaben übernehmen, die eigentlich zu den Kernaufgaben
der Presbyterien gehören. Die ehrenamtlichen Mitglieder der
Kreissynodalvorstände werden hoffnungslos damit überfordert sein, die
Entwicklungen in allen Gemeinden angemessen im Blick zu haben, um kompetent
Entscheidungen treffen zu können (s. o).

Der größte Verlierer wird die
Rheinische Landeskirche insgesamt sein: Bisher sind die Presbyterinnen und
Presbyter Entscheidungsträger vor Ort. Das ist die Stärke der spezifisch rheinischen
presbyterial-synodalen Struktur. Wenn zentrale Aufgaben der Presbyterien
(Pfarrwahl, Personalhoheit, zukünftig womöglich auch noch die
Kirchensteuerhoheit) an weit entfernte Planungsstäbe abgegeben werden, gibt
unsere Kirche die bisher bewährte Nähe von Entscheidungsträgern und
Gemeindegliedern preis.

 

Fazit:

Die grundsätzlichen Veränderungen,
die die Vorlage im Blick hat, erfordern u. E. eine landeskirchenweite Diskussion
in Presbyterien und Gemeinden, z.B. durch ein Proponendum.

Es überschreitet die Kompetenz der
Landessynode, schon jetzt – ohne diese Diskussion – einen so weit reichenden
Grundsatzbeschluss zu fassen, der sich auf die gesamte Landeskirche auswirken
wird.

 

Die Kirchenleitung riskieret mit
dieser Vorlage und einem eventuell zustimmenden Beschluss der Landessynode
einen Konflikt, der die Landeskirche in den Grundfesten erschüttern könnte.

 

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© Manfred Alberti

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