Bericht
der Kommission gemäß Beschluss Nr.38
der Landessynode 2012
an die
Landessynode 2013
der Evangelischen Kirche im Rheinland
1 Der Auftrag
1.1 Beschluss der Landessynode 2012
Die Landessynode hat am 12. Januar 2012 den Beschluss Nr. 38 gefasst:
„Die Landessynode nimmt den Bericht der Kirchenleitung zu den Vorgängen um das Beihilfeund
Bezüge - Zentrum GmbH (bbz) zum Anlass, unabhängig von der Bewertung der straf-,
zivil- und dienstrechtlichen Aspekte eine Aufarbeitung innerkirchlicher Voraussetzungen
struktureller und inhaltlicher Art, die Entwicklungen wie in der bbz GmbH ermöglichten,
vornehmen zu lassen.
Neben der Aufarbeitung sind Vorschläge zu erarbeiten, ob und gegebenenfalls wie Leitungs-,
Führungs- und Aufsichtsstrukturen in der Evangelischen Kirche im Rheinland verändert
werden müssen, um den Auftrag der Kirche im Rahmen einer presbyterial-synodalen Ordnung
erfüllen zu können Dabei ist das Zusammenwirken von Kirchenleitung und Landeskirchenamt
besonders in den Blick zu nehmen.
Dazu bevollmächtigt die Landessynode fünf Landessynodale, die die Aufgabe haben, eine
unabhängige Kommission und eine Vorsitzende/einen Vorsitzenden zu berufen, zu beauftragen
und zu begleiten. Die Kommission besteht neben der/dem Vorsitzenden aus je einer
Vertreterin/einem Vertreter aus folgenden Fachgebieten:
−
Theologie/Ekklesiologie
−
Wirtschaft und Finanzen
−
Wirtschaftsethik
−
Recht
−
Prozessorganisation/Personalverantwortung
Die Kommission hat das Recht, unter Beachtung datenschutzrechtlicher und
persönlichkeitsrechtlicher Bestimmungen Einsicht in Vorgänge und Unterlagen zu nehmen
sowie Personen zu befragen. Die Kommission wird in der Wahrnehmung der Sachbearbeitung
durch das Landeskirchenamt unterstützt. Die Mitarbeitenden sind in dieser Funktion nur der
Kommission verantwortlich.
Erforderliche Finanzmittel sind aus Rücklagen bereit zu stellen. Die Genehmigung erteilt der
Ständige Finanzausschuss.
Die Kommission legt der Landessynode 2013 einen Bericht vor.“
1.2 Berufung, Beauftragung, Begleitung der Kommission
Die Landessynode hat dann mit Beschluss Nr. 39 eine Arbeitsgruppe eingesetzt mit der Aufgabe,
eine Kommission zu bilden und zu begleiten, die innerkirchliche Voraussetzungen struktureller und
inhaltlicher Art untersucht:
„Zur Aufarbeitung innerkirchlicher Voraussetzungen struktureller und innerlicher Art, die
Entwicklungen wie in der bbz GmbH ermöglichten, wird eine unabhängige Kommission
gebildet. Für die Berufung dieser Kommission und die Bestimmung eines/einer Vorsitzenden
sowie die Beauftragung und Begleitung der Kommission bevollmächtigt die Landessynode eine
Arbeitsgruppe, die aus folgenden Mitgliedern der Landessynode besteht:
-
Polizeipräsident Wolfgang Albers (203), Theodor-Litt-Str. 14, 53121 Bonn
-
Dipl.-Verwaltungswirt Helmut Schwerdtfeger (110) Hülsstraße 42a, 47665 Sonsbeck (siehe
Beschluss der Landessynode Nr. 71/2012)
-
Kaufmann i.R. Volker Hufschmidt (131), Von-Ketteler-Str.9, 47877 Willich
-
Bilanzbuchhalter/ Berater Peter Jansen (159), Kirchstr.68, 45479 Mülheim an der Ruhr
-
Vors. Richter am Landgericht Dr. Matthias Quarch (56), Am Chorusberg 12, 52076 Aachen“
1.3 Zusammensetzung der Kommission
Die Arbeitsgruppe gemäß Beschluss Nr. 39/2012 hat nach intensiven Beratungen und Gesprächen
am 24. Februar 2012 nachstehende Persönlichkeiten in die Kommission berufen und beauftragt:
Vorsitzender
: Ministerpräsident a.D. Dr. Dr. h.c. Reinhard Höppner, Magdeburg
Für den Bereich Theologie/Ekklesiologie
:
Professor Dr. Okko Herlyn, Duisburg
Für den Bereich Wirtschaft und Finanzen:
Assessor jur. Henning Aretz, Essen
Für den Bereich Wirtschaftsethik:
Professor Dr. Traugott Jähnichen, Witten
Für den Bereich Recht:
Rechtsanwalt Professor Dr. Udo Bühler, Kerpen
Für den Bereich Prozessorganisation/Personalverantwortung:
Geschäftsführender Vorstand Marion Timm, Aachen (stellv. Vorsitzende)
Zur Sicherstellung der Begleitung der Kommission durch die Arbeitsgruppe hat als Vertreter der
Arbeitsgruppe Herr Volker Hufschmidt jeweils beratend an den Sitzungen der Kommission
teilgenommen.
Die Geschäftsführung der Kommission lag bei Oberverwaltungsrat i.R. Bernd Stauch. Um die
Vertraulichkeit zu sichern, wurde als Postadresse der Kommission die Privatadresse von Herrn
Stauch benutzt. Gleichwohl wurde ihm im LKA ein Büro zur Verfügung gestellt.
1.4 Beratende Gespräche
Die Kommission hat während ihrer Beratungen mit folgenden Personen Gespräche geführt:
Frau Städtische Oberverwaltungsrätin a.D. Barbara Dressler, in ihrer Funktion als ehemalige
Vorsitzende des landeskirchlichen Rechnungsprüfungsausschusses;
Herrn Dipl.-Ing. Harald Ohlmeier, Geschäftsführer der bbz GmbH, Bad Dürkheim.
Im Übrigen hat der Vorsitzende im Auftrag der Kommission mit Herrn OKR Georg Immel ein
persönliches Gespräch geführt und der Kommission darüber berichtet.
1.5 Schriftliche Dokumente
Folgende Dokumente wurden gesichtet und bewertet:
Zusammenstellung der Beschlüsse des Kollegiums des Landeskirchenamtes und der
Kirchenleitung zum Thema „bbz GmbH“ 1999-2/2012
Stellungnahme von Rechtsanwalt Dr. Lange – Kanzlei Streitbörger/Speckmann vom 6.
März 2012
Protokoll der Abschlussbesprechung Vorprüfung Jahresrechnung 2006 der Landeskirche am
23. Oktober 2007
Bericht „Organisationsuntersuchung im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche im
Rheinland“ von Steria Mummert vom 28. Dezember 2007
Geschäftsverteilungsplan für das Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche im Rheinland
Aufstellung der Beteiligungen und Stiftungen der Evangelischen Kirche im Rheinland
„Anlage von Kapitalvermögen“ – Richtlinien vom 12. Dezember 2006
Stiftungsgesetz der Evangelischen Kirche im Rheinland
1.6 Anregungen aus den Gemeinden
In einem Brief vom 16. April 2012 des Vorsitzenden an die Superintendentinnen und
Superintendenten wurden diese nach ihren Erfahrungen mit privatwirtschaftlich geführten
Einrichtungen in ihrem Kirchenkreis gefragt und gebeten, ihrerseits Vorschläge und Anregungen für
Struktur und Organisation kirchlichen wirtschaftlichen Handelns zu machen. Es sind 16 Antworten
aus Kirchenkreisen und Kirchengemeinden eingegangen.
1.7 Arbeitsweise der Kommission
Die Kommission hat in insgesamt sechs Sitzungen das umfangreiche Material, die Gespräche
sowie die Antworten aus den Kirchenkreisen und Kirchengemeinden und die Hinweise und
Anregungen verschiedener Gemeindemitglieder ausgewertet und beraten.
Für die Erledigung ihres Auftrages hatte sich die Kommission u. a. auf folgende Grundsätze
verständigt:
1.7.1
Um die strafrechtlichen, zivilrechtlichen bzw. disziplinarrechtlichen Verfahren nicht zu
beeinflussen und klar unterscheidbar zu bleiben, sieht die Kommission davon ab, im Laufe ihrer
Arbeit sich öffentlich zu äußern. Alle Mitglieder der Kommission sind zur Verschwiegenheit
verpflichtet. Im Zweifel und falls notwendig äußert sich der Vorsitzende oder im Falle seiner
Verhinderung seine Stellvertreterin.
1.7.2
Der der Kommission vom LKA zur Verfügung gestellte Mitarbeiter sowie ein Vertreter der
von der Synode eingesetzten Gruppe zur Berufung der Kommission (Auftraggeber) nehmen an den
Sitzungen der Kommission beratend teil.
1.7.3
Die Kommission unterrichtet die Auftraggeber regelmäßig über ihre Arbeit. Die
Verschwiegenheitsverpflichtung bezieht sich somit auch auf diese Gruppe.
2 Der Anlass – die bbz GmbH
Die in diesem Abschnitt berichteten Sachverhalte waren der Anlass für den Beschluss Nr. 38 der
Landessynode 2012 und die Arbeit der Kommission. Ermittlung und straf-, zivil- und
dienstrechtliche Bewertung dieser Sachverhalte waren nicht Aufgabe der Kommission, sondern
waren und sind anderen vorbehalten. Sachaufklärung hat die Kommission deshalb nur betrieben,
soweit dies für die Erfüllung ihres Auftrages erforderlich war. Die Darstellung der Sachverhalte in
diesem Kommissionsbericht kann deshalb weder umfassend noch vollständig sein.
2.1 Abriss der Geschichte
Die bbz Beihilfe-Berechnungszentrum GmbH in Bad Dürkheim (im Folgenden das bbz) ist im
Februar 1999 gegründet und noch im November 1999 an die Evangelische Kirche im Rheinland
verkauft worden. Verkäuferin – und vorher Gesellschafterin – der bbz GmbH war die rkd
Rheinisches Dienstleistungs- und Rechenzentrum von Kirche und Diakonie GmbH. Die rkd ist
später privatisiert worden. Ausgründung und Verkauf der bbz an die Landeskirche verfolgten den
Zweck, den Unternehmensgegenstand des bbz
„Bearbeitung von Beihilfeanträgen der Bediensteten von Kommunen, Kirchen und sonstigen
öffentlich-rechtlichen Dienststellen und Unternehmen einschließlich Berechnung und Auszahlung
der Beihilfen sowie der Vermarktung von PC-orientierten Beihilfe-Berechnungs- und Informationssystemen“
nicht mit der rkd mit zu verkaufen, sondern in kirchlicher und damit öffentlich-rechtlicher
Trägerschaft zu belassen.
Der Unternehmensgegenstand des bbz wurde bereits im November 2000 erheblich – um die
Abrechnung und Auszahlung von Gehältern und Löhnen – erweitert und der Gesellschaftsvertrag
entsprechend geändert.
Das bbz ist nach dem Erwerb durch die Evangelische Kirche im Rheinland 1999 und nach der
Geschäftserweiterung 2000 schnell gewachsen. Die Bilanzsumme betrug
per 31.12.1999 1,1 Mio DM
per 31.12.2000 3,7 Mio DM
per 31.12.2006 15,4 Mio €
Der Jahresabschluss per 31.12.2006 ist der letzte zunächst ohne weitere Bedingung testierte
Jahresabschluss des bbz. Das Testat wurde allerdings im März 2012 zurückgezogen.
Einen Aufsichtsrat für die bbz GmbH oder neben der Gesellschafterversammlung ein anderes
Aufsichtsgremium richtete die Eigentümerin vor 2011 nicht ein.
Zu dem – durchaus marktüblichen – Geschäftsmodell des bbz gehörte es, ihre Dienstleistung, die
Beihilfebearbeitung, zu einem Pauschalpreis abzurechnen. Dieser betrug 1999 30,90 DM pro
Abrechnungsfall. 2011 berechnete das bbz immer noch, fast unverändert, einen Pauschalpreis von
15,85 €. Auf die vertragsgemäße Möglichkeit von Preiserhöhungen, mindestens im Rahmen der
allgemeinen Preissteigerungsrate, verzichtete das bbz vollständig. Im Laufe der Jahre blieben ihre
Preise immer deutlicher hinter den Marktpreisen zurück.
Diese Preisgestaltung des bbz hatte zwei Folgen: Erstens wuchs die Kundenzahl stetig und schnell.
Zweitens reichten die Erlöse des bbz nicht zur Deckung der operativen Kosten.
Die Geschäftsführung des bbz füllte die wachsenden Lücken durch Kapitalerträge aus den von
seinen Kunden treuhänderisch überlassenen Geldern. Sie legte die ihr jeweils kurzfristig vor
Weiterleitung und Auszahlung zur Verfügung stehenden Gelder auf Rechnung (d.h. zugunsten) des
bbz gewinnbringend an. Dieses Geschäftsmodell konnte den Eindruck eines florierenden
Unternehmens erwecken, solange die Kundenzahl wuchs und die Anlageerträge auskömmlich
waren.
Im Oktober 2006 legte die Geschäftsführung des bbz 8,5 Mio € bei einer Fondsgesellschaft auf den
British Virgin Islands für 10 Jahre zu einem Zinssatz von 23 % pro Jahr an. Die Zinszahlungen
trafen aber nicht ein. Auch die Rückzahlung des Anlagebetrages selbst ist nicht mehr zu erwarten.
Mit gefälschten Belegen wurde vorgetäuscht, es seien Zinserträge erzielt worden. Auf diese
vorgetäuschten Einnahmen wurden auch noch Kapitalertragssteuern durch das bbz entrichtet.
Im Oktober 2007 fand die jährliche „Abschlussbesprechung Vorprüfung Jahresrechnung 2006 der
Landeskirchenkasse“ statt. Die Teilnehmer waren vier Vertreter des Landeskirchenamtes und zwei
Vertreter des Rechnungsprüfungsamtes. Ein Absatz des Protokolls im Abschnitt „Beteiligungen“
befasst sich mit dem Prüfbericht für 2006 des Wirtschaftsprüfers des bbz und zitiert als ihr
Ergebnis,
„dass die Eigenkapitalausstattung unzureichend ist und bei einer Verschlechterung der
Ertragslage die Entwicklung und der Fortbestand der bbz GmbH gefährdet ist.“
Der Absatz endet mit der Verabredung, die Abteilung I des Landeskirchenamtes solle hierzu noch
eine ausführlichere Stellungnahme abgeben. Die Stellungnahme ist danach weder abgegeben noch
abgefragt worden.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die bereits 2007 den zitierten Prüfbericht geschrieben hatte,
wurde immer wieder mit der Erstellung der Jahresabschlussprüfung für die Folgejahre beauftragt
und hat auch jeweils mit der Prüfung begonnen und diese Arbeiten abgerechnet. Eine
Jahresabschlussprüfung mit uneingeschränktem Testat hat sie aber in keinem der folgenden Jahre
mehr fertiggestellt. In dem Prüfbericht zum Abschluss per 31.12.2007 (mehr als ein Jahr verspätet
vorgelegt im November 2009) wurde das Testat nur noch unter der Bedingung erteilt, dass die
Forderung aus Kapitalerträgen für 2007 bis zum 31.12.2009 zufließt. Diese Bedingung ist aber
weder fristgerecht noch überhaupt eingetreten. Der Jahresabschluss 2007 ist damit nichtig.
Beauftragt wurde die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nicht – wie gesetzlich vorgeschrieben – durch
Beschluss der Gesellschafterversammlung, in Ermangelung eines Aufsichtsgremiums auch nicht
von diesem, sondern von der Geschäftsführung. Der Prüfungsbericht wurde deshalb auch von der
Geschäftsführung entgegengenommen.
Anfang 2011 war das Geschäftsmodell des bbz – bei stetig wachsenden Defiziten aus dem
operativen Geschäft und tatsächlich nicht geflossenen Erträgen aus dem Investment – am Ende. Die
Geschäftsführung erbat von ihrer Alleingesellschafterin, der Evangelischen Kirche im Rheinland,
im Januar 2011 zunächst eine befristete Ausfallbürgschaft und später im Juli 2011 zusätzlich ein
kurzfristiges Liquiditätsdarlehen in Höhe von 7 Mio €. Das Kollegium des Landeskirchenamtes
gewährte das Darlehen, beauftragte aber gleichzeitig eine Sonderprüfung durch die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Nach Beratung im Finanzausschuss und in der Kirchenleitung
wurde im September 2011 eine Rechtsanwaltskanzlei mit einer umgehenden Prüfung der
rechtlichen Situation und etwaiger Ansprüche gegen die Beteiligten beauftragt. Das langjährige
Mitglied des Finanzausschusses Harald Ohlmeier wurde als Mitglied in die Gesellschafterversammlung
der bbz GmbH entsandt.
Nach alarmierenden Zwischenergebnissen wurde eine Sondersitzung der Kirchenleitung am 4.
Oktober 2011 anberaumt, in der u. a. ein Austausch der Mitglieder der Gesellschafterversammlung,
die Ablösung der bisherigen Geschäftsführung der bbz und die Berufung von Herrn Ohlmeier als
Geschäftsführer beschlossen wurden.
Rücksicht auf die Kunden des bbz, die ihre Gelder (zur Weiterleitung und Auszahlung an ihre
Beschäftigten) der bbz anvertraut hatten und Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden der bbz
haben die Landeskirche dazu bewogen, das bbz nicht insolvent werden zu lassen. Das bedeutete
aber, nicht nur den Verlust der fehlangelegten 8,5 Mio €, sondern auch die seit 2004 ununterbrochen
aufgelaufenen Verluste des bbz aus den laufenden Geschäften in Höhe von gut 12 Mio € zu tragen.
Damit sind rund 21 Mio € Kirchengelder verloren. Insgesamt 21,6 Mio € sind in das Unternehmen
eingebracht worden.
Eine Regressforderung gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über einen Teil der nach 2006
angefallenen Verluste ist geltend gemacht worden.
Seit Herbst 2011 ist es der neuen Geschäftsführung des bbz mit großem Einsatz gelungen, die
Kunden von der Notwendigkeit zu überzeugen, in die laufenden Verträge einzugreifen und die
Abrechnungspreise auf Marktniveau, also erheblich zu erhöhen. Auch trotz des Wegfalls des
Großkunden Evangelische Kirche von Berlin-Brandenburg-Schlesische-Oberlausitz ist das bbz
daher heute in der Lage, sein Geschäft ordentlich und ehrbar mit der Perspektive dauerhafter
Kostendeckung zu betreiben.
2.2 Erste Fragen
Gegen kriminelle Energie wie Fälschung von Belegen oder Untreue sind Kirchen genau so wenig
gefeit wie Wirtschaftsunternehmen. Die Causa bbz gibt aber auch Hinweise auf innerkirchliche
Voraussetzungen, die den Schaden so groß haben werden lassen.
2.2.1
Die Hauptfrage, die sich aufdrängt ist: Warum hat das Unglück praktisch bis zum Schluss
keiner kommen sehen? Kirchenleitende Stellen sind ja erst darauf aufmerksam geworden, als die
Geschäftsführung im Januar 2011 eine befristete Ausfallbürgschaft und im Juli 2011 ein
Liquiditätsdarlehen erbat. Die Frage, wer es hätte merken müssen, fragt nach Schuldigen. Das war
nicht die Aufgabe der Kommission. Wir haben uns auf die Frage konzentriert, welche Strukturen
geändert werden müssen, damit solche Fehler in Zukunft vermieden werden.
2.2.2
Im Nachhinein ist klar: Man hätte schon von Anfang an (1999), spätestens seit der
Geschäftserweiterung 2000 um die Berechnung und Auszahlung von Gehältern und Löhnen, die die
Mengen bewegter und scheinbar zur Verfügung stehender Gelder vervielfachte, erkennen können,
dass die Abrechnungspreise zu knapp kalkuliert waren. Der Ausweg, mit der von Kunden
treuhänderisch reichlich bereitgestellten Liquidität Geld zu verdienen, muss in sich noch nicht
verwerflich sein. Die Optimierung des sogenannten „Working Capital“ ist heute eine anerkannte
und saubere betriebswirtschaftliche Methode. Ist bei der bbz das Geschäftsmodell in seinen
Grundzügen erfragt und erläutert worden? Protokolliert sind solche Fragen und Antworten nicht.
2.2.3
Zu einem solchen Geschäftsmodell gehören auch das Management und die Beherrschung der
mit ihm verbundenen Risiken. Sind die größten Risiken erfragt und benannt worden? Ist bei der bbz
über diesen Weg der Arbeit mit dem „Working Capitel“ oder das dafür erforderliche Risikomanagement
gesprochen worden? Das ist aus keinem Protokoll einer Gesellschafterversammlung
o.ä. zu erkennen.
2.2.4
Vor der Finanzkrise war es so ungewöhnlich nicht, gegen hohe Ertragsversprechen Millionen
an eine Fondsgesellschaft auf den British Virgin Islands zu überweisen. Allerdings scheint keinem
aufgefallen zu sein, dass diese Anlage nicht im Einklang mit den Richtlinien der Rheinischen
Kirche vom 12. Dezember 2006 „Anlagen von Kapitalvermögen“ stand. War man der Meinung,
dass solche Richtlinien für outgesourcte Unternehmen nicht gelten?
2.2.5
Ein erstes Alarmsignal finden wir in dem Protokoll der „Abschlussbesprechung Vorprüfung
der Jahresrechnung 2006 der Landeskirche“ vom 23. Oktober 2007. Die Verabredung lautet dort,
die Abteilung I des Landeskirchenamtes solle zu dem Problem (s. o.) noch eine ausführlichere
Stellungnahme abgeben. Warum die Abteilung I (Personal) und nicht die für Finanzen und
Vermögen zuständige Abteilung VI? Wem gegenüber sollte die Stellungnahme abgegeben werden?
Deuten die Art und Weise der Verabredung, die Nichtleistung und das Nichtdaraufzurückkommen
darauf hin, dass unter den Beteiligten klare Zuständigkeiten nicht gesehen/empfunden/gelebt
wurden?
2.2.6
Die „Intransparenz der Zuständigkeiten im Landeskirchenamt“ und die durch die Organisation
der Aufgabenwahrnehmung „erschwerte Lokalisierung von Verantwortung“ monierte schon 2007
die Organisationsuntersuchung im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche im Rheinland durch
die Steria Mummert Consulting AG. Sind daraus noch nicht die richtigen Schlussfolgerungen
gezogen worden?
2.2.7
Viele kirchliche Einrichtungen (z.B. in der Jugendhilfe, der Krankenversorgung oder der
Altenpflege) arbeiten nicht mehr in der alten Welt des Kostendeckungsprinzips, sondern in
komplizierten Misch- und Refinanzierungen. Das muss jede Person in der
Gesellschafterversammlung zumindest in seiner Grundstruktur kennen oder sich erklären lassen.
Droht, was bei der bbz schiefging, auch in anderen landeskirchlichen Unternehmensbeteiligungen
und auf anderen Ebenen der Landeskirche, in den Kirchenkreisen und Gemeinden? Die Sorge
spricht aus einer Reihe von Antworten aus den Kirchenkreisen.
3 Grundsätzliche theologische und ethische Überlegungen und
Eingrenzung der Aufgabe
3.1 Theologische Überlegungen
3.1.1
Die Vorgänge um das bbz waren Anlass, grundsätzlicher über das wirtschaftliche Handeln der
Kirche nachzudenken. Es sollten Vorschläge erarbeitet werden, wie vergleichbare Missstände in
Zukunft vermieden werden können. Im Kern geht es bei diesen Fragen um den Umgang der Kirche
mit dem ihr anvertrauten Geld. Dabei müssen wir uns vergegenwärtigen, dass es der genuine
Auftrag der Kirche ist die Verkündigung des Evangelium von Jesus Christus. An diesem Auftrag
muss sich alles andere ausrichten.
3.1.2
Die Evangelische Kirche im Rheinland versteht ihren Auftrag dementsprechend in „Bindung
an Schrift und Bekenntnis, die auch für die Setzung und Anwendung ihres gesamten Rechtes
grundlegend ist“ (KO Grundartikel IV). „Sie nimmt den ihr aufgetragenen Dienst im öffentlichen
Leben wahr“, indem sie „für die Beachtung der Gebote Gottes, für Gerechtigkeit, Frieden und
Bewahrung der Schöpfung“ eintritt (KO Art. 1).
3.1.3
Daher ist die Bindung an Schrift und Bekenntnis und hier vor allem an die Theologische
Erklärung von Barmen (KO Grundartikel I) auch für die Art und Weise ihres wirtschaftlichen
Handelns maßgebend. Der verantwortliche Umgang mit den der Kirche anvertrauten Finanzen und
den in diesem Zusammenhang geltenden Ordnungen muss sich auch in diesem Zusammenhang
bewähren.
3.1.4
Geld ist also nicht nur ein Mittel, um den Verkündigungsauftrag zu erfüllen. Die Art, wie die
Kirche mit ihrem Geld umgeht, ist selbst ein Teil glaubwürdiger Verkündigung. Wort und Tat
müssen im Einklang miteinander stehen. Hier hat sich die Parallelität von christlicher Botschaft und
kirchlichem Handeln zu bewähren. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Kirche nicht nur nach
innen, sondern insbesondere auch im öffentlichen Raum.
3.1.5
Die im Sinne des Evangeliums gebotene „gute Haushalterschaft“ (1. Petrus 4,10) wird das
wirtschaftliche und finanzielle Engagement der Kirche also nicht an den Kriterien der
Profitmaximierung, sondern primär an denen der Lebensdienlichkeit, Gerechtigkeit und
Nachhaltigkeit auszurichten haben.
3.1.6
Dabei wäre die „Gemeinde von Brüdern“ (Barmen 3) falsch verstanden, wenn die Kirche
meinte, in ihrem wirtschaftlichen und finanziellen Handeln auf fachliche Kompetenz, klar geregelte
Zuständigkeiten, behaftbare Verantwortung, Transparenz, eine funktionierende Aufsicht und nicht
zuletzt ein professionelles Krisen- und Konfliktmanagement verzichten zu können.
3.1.7
Gerade weil die Kirche – vielleicht sogar mehr als andere – darum weiß, dass Menschen
grundsätzlich nicht ohne Fehler und Schuld (vgl. Römer 3,23) und insofern auch die Mitarbeitenden
keine „besseren Menschen“ sind, muss sie in ihren eigenen Reihen für eine womöglich noch
genauere Aufsicht, eine noch größere Transparenz und ein noch ernsteres Zur-Rechenschaft-Ziehen
als anderswo sorgen. Im Sinne des ekklesiologischen Selbstverständnisses der Evangelischen
Kirche im Rheinland müsste eine solche Aufsicht – auch über kirchenleitendes Handeln –
presbyterial-synodal verankert sein.
3.1.8
Es mag theologische und historische Gründe geben, dem Prinzip der Gewaltenteilung in der
Ordnung der Evangelischen Kirche im Rheinland nicht den Platz einzuräumen, den andere
Kirchenordnungen und Ordnungen im öffentlichen Leben (etwa im Verhältnis von Parlament und
Regierung) haben. Je intensiver kirchenleitendes Handeln mit wirtschaftlichem Handeln verquickt
ist, desto dringlicher stellt sich die Frage, wer führt die Geschäfte, wer leitet und wer kontrolliert
Leitung und Geschäftsführung bzw. Verwaltung. Die Frage der Gewaltenteilung und der damit
verbundenen Verantwortlichkeiten bedarf einer grundsätzlichen Klärung.
3.2 Wirtschaftsethische Leitlinien für kirchliches Handeln
3.2.1
Ein wichtiger Gradmesser für die Glaubwürdigkeit der Kirche ist die Orientierung an ihren
eigenen wirtschaftsethischen Stellungnahmen. Bei Verlautbarungen zu Fragen der Wirtschaft muss
die Kirche stets bedenken, wo sie selbst ökonomischer Akteur ist. Sie muss sich an ihren eigenen
ethischen Maßstäben messen lassen. Neben der selbstverständlichen Einhaltung der für alle
geltenden Gesetze, Vorschriften und üblichen Verhaltensweisen (Regeln des „ehrbaren
Kaufmanns“) ist daher auch das sozialethische Profil des Protestantismus im wirtschaftlichen
Handeln der Kirche zu wahren.
3.2.2
Der „Leitfaden für ethisch nachhaltige Geldanlage in der evangelischen Kirche“ (EKD-Text
Nr. 113, 2011) hebt in diesem Zusammenhang neben den üblichen ökonomischen Kriterien der
Sicherheit, Zahlungsfähigkeit und Rendite auch sozialethische Kriterien wie Sozialverträglichkeit,
Generationengerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit als wesentliche Kriterien kirchlichen
Handelns im wirtschaftlichen Bereich hervor. Solche Kriterien gelten nicht nur für Geldanlagen,
sondern müssen auch in anderen Bereichen wirtschaftlichen Handelns wirksam werden.
3.2.3
Eine Grundvoraussetzung dafür ist Transparenz. Sie betrifft sowohl die Zuordnung der
Verantwortlichkeiten in Kontrolle, Leitung und Verwaltung bzw. Geschäftsführung als auch die
Bereitstellung gesicherter Daten. Solche Transparenz gilt nicht nur für Kirchen und kirchliche
Einrichtungen, die kirchlichen Instanzen Rechenschaft geben müssen. Da Kirche in allen ihren
Gliederungen ihren Dienst im öffentlichen Leben wahrnimmt, sollte sie Transparenz ihres eigenen
wirtschaftlichen Handelns auch gegenüber einer kritischen Öffentlichkeit praktizieren.
3.2.4
Im Bereich bzw. im Umfeld der Kirchen sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von
Dienstleistungsunternehmen entstanden, die häufig in enger Kooperation zueinander stehen. Solche
enge Kooperation ist aufgrund der vielfach im kirchlichen Bereich bestehenden Besonderheiten
sinnvoll, weil nur zu Partnern, die über eine entsprechende Kompetenz verfügen, angemessene
wirtschaftliche Beziehungen hergestellt werden können. Dies darf aber nicht dazu führen, dass
unsachgemäße und unwirtschaftliche Sonderbedingungen eingeräumt werden. Es darf auch nicht zu
Lasten der Objektivität speziell der Kontrollinstanzen gehen. Die Konzentration auf wenige Partner
im kirchlichen und kirchennahen Bereich birgt die Gefahr, dass eigenständige „Biotope“
kirchennaher wirtschaftlicher Akteure entstehen, die zwar durch Kompetenz und Vertrauen
Entscheidungswege verkürzen können, auf der anderen Seite aber möglicherweise eine effektive
Kontrolle verhindern.
3.2.5
Es gehört inzwischen zur üblichen Praxis in der Wirtschaft, aus größeren Unternehmen Teile
auszugliedern. Das kann der Transparenz dienen und so zu effektiverem wirtschaftlichen Handeln
führen. Ein derartiges Outsourcing bedarf aber gerade in der Kirche einer besonderen Begründung.
Denn solche ausgegliederten Unternehmen werden unbeschadet konkreter Eigentumsverhältnisse in
der öffentlichen Wahrnehmung als Teil der Kirche angesehen und gelten als kirchliche
Unternehmen. Für sie müssen darum die gleichen ethischen Kriterien gelten wie für kircheneigene
Unternehmen. Mittels Outsourcing Kosten senken darf beispielsweise nicht einhergehen mit
Lohndumping oder schlechteren Arbeitsbedingungen. Man mag zwar durch Outsourcing die
ökonomischen Haftungsrisiken minimieren, die moralischen Haftungsrisiken bleiben für die Kirche
und die kirchlichen Einrichtungen in jedem Fall erhalten.
3.2.6
Das gleiche wie beim Outsourcing gilt im Grundsatz auch, wenn man Dienstleistungen von
Dritten einkauft. Die Grenzen sind fließend, wenn man zum Beispiel Cateringleistungen einkauft
statt eine eigene Küche zu betreiben oder Reinigungsfirmen beschäftigt, bei denen erkennbar
soziale Standards verletzt werden. Es darf der Kirche nicht gleichgültig sein, welche Unternehmen
im eigenen Bereich tätig werden.
3.2.7
Wirtschaftliches Handeln im kirchlichen Kontext ist eine komplexe und von vielfältigen
Anforderungen geprägte Aufgabe. Neben den klassischen ökonomischen Kenndaten sind die
sozialen und wirtschaftsethischen Kriterien der Kirche, insbesondere Sozialverträglichkeit und
ökologische Nachhaltigkeit, bei allen Entscheidungen mit zu bedenken. Dementsprechend sind die
Entscheidungswege komplexer. Es kommt für die Kirche auch im Blick auf ihre Glaubwürdigkeit in
diesem in der Öffentlichkeit höchst sensiblen Bereich darauf an, die eigenen Maßstäbe überzeugend
zu praktizieren und transparent zu kommunizieren.
3.3 Die Eingrenzung der Aufgabe der Kommission
3.3.1
Das wirtschaftliche Handeln der Kirche umfasst einen weiten Bereich. Es beginnt bei dem
Umgang der Kirche mit Kollekten, der Haushaltsgestaltung in Kirchengemeinden, Kirchenkreisen
und Landeskirche, geht über Gehaltsstrukturen und Tariffragen, Altersvorsorge und Geldanlagen,
Umgang mit Immobilien und Investitionen bis hin zum wirtschaftlichen Handeln in kirchlichen
Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmen. Entsprechend dem Anlass hat sich die
Kommission schwerpunktmäßig mit dem wirtschaftlichen Handeln in kirchlichen Einrichtungen
und Unternehmen beschäftigt, wenn auch einiges vom dem hier Gesagten für andere Bereiche gilt,
in denen Kirche mit Geld umzugehen hat.
3.3.2.
Was kirchliche Einrichtungen und Unternehmen sind, ist oftmals nicht eindeutig
abgrenzbar. Es ist nicht alleine von der Rechtsform abhängig. Viele kirchliche Aktivitäten sind auf
Vereinsbasis organisiert. Das gilt für einen großen Bereich der Diakonie. Aber auch andere
Rechtsformen wie Stiftung, Genossenschaft, GmbH mit 100%-iger oder geringerer Beteiligung der
Kirche sind üblich. Für viele dieser Einrichtungen ist die Kirche im strengen Sinne nicht haftbar. In
der Öffentlichkeit erscheinen diese Einrichtungen aber oft als kirchliche Einrichtungen. Die Kirche
wird in kritischen Situationen mit in die Verantwortung gezogen.
3.3.3
Eine besondere Schwierigkeit im Blick auf Verantwortlichkeiten entsteht, wenn solche
Unternehmen, etwa Vereine, rechtlich unabhängig und vor allem durch Personen mit der Kirche
verknüpft sind: Superintendentinnen oder Superintendenten sind automatisch Vorsitzende des
Diakonievereins, Presbyterinnen und Presbyter werden in Aufsichtsgremien entsandt,
Oberkirchenrätinnen oder Oberkirchenräte sitzen in Vorständen. Die Beispiele ließen sich
fortsetzen. Die Kirche wird verständlicherweise in der Öffentlichkeit mit diesen Einrichtungen in
Verbindung gebracht. Das Wort „evangelisch“ in einer Satzung begründet aber noch kein
Mitspracherecht der Kirche bei entsprechenden Entscheidungen. Das ist oft gut so, weil es
Eigenständigkeit fördert. Andererseits führt Fehlverhalten dazu, dass die entsprechenden
Kirchengemeinden und Kirchenkreise und die gesamte Kirche in Mitleidenschaft gezogen wird.
Darum hatte die Kommission auch solche im
weiteren Sinne kirchlichen Einrichtungen mit im
Blick.
3.3.4
Entsenden kirchliche Gremien Personen in Leitungs- und Aufsichtsgremien solcher im
weiteren Sinne kirchlichen Einrichtungen, dann begründet das eine Verantwortung gegenüber den
Menschen, die solche Aufgaben wahrnehmen. Sie brauchen den Rückhalt und die Begleitung der
sie entsendenden Gremien gerade auch in kritischen Situationen. Darum hat die Kommission sich
auch mit einigen
menschlichen und seelsorglichen Aspekten beschäftigt, die im Zusammenhang
mit dem wirtschaftlichen Handeln der Kirche stehen. Auch der Umgang mit Fehlern, die trotz
insgesamt verantwortlichen Handelns unvermeidbar sind, gehört zum glaubwürdigen und
evangeliumsgemäßen Handeln der Kirche.
4 Anregungen und Empfehlungen
Die Anregungen und Empfehlungen der Kommission sind entstanden aus unseren Beratungen, den
Gesprächen mit den eingeladenen Gesprächspartnern und den Briefen, die uns aus Kirchenkreisen
erreichten. Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, bedürfen der Ergänzung und
Fortschreibung. Sie betreffen die Arbeit auf allen Ebenen der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Insofern sollte der Bericht auch in Kirchenkreisen und Kirchengemeinden diskutiert und
ausgewertet werden. Manche Vorschläge gelten auch für andere als die im Gliederungspunkt
benannten Bezüge. Nur an einigen Stellen wird darauf explizit hingewiesen.
4.1 Leitung und Kontrolle
Klare Strukturen sind die Grundvoraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung und Umsetzung
von Entscheidungen. Wer entscheidet? Wer setzt die getroffenen Entscheidungen um? Wer
kontrolliert die Entscheidungsorgane und die Umsetzung der von ihr getroffenen Entscheidungen?
Diese Kompetenzen müssen klar verteilt sein. Interessenkonflikte handelnder Personen innerhalb
dieser Strukturen (Agieren mit „verschiedenen Hüten“) sind möglichst zu vermeiden.
4.1.1 Landessynode – Kirchenleitung – Landeskirchenamt
4.1.1.1
Die Landessynode leitet die Evangelische Kirche im Rheinland (KO 128 (1)). Eine Aufgabe
der Synode ist es auch, die Kirchenleitung und ihre Entscheidungen und ihre Ausführung durch das
Landeskirchenamt zu kontrollieren (KO 129 (3)). Die Kirchenordnung sieht vor, dass die oder der
Präses sowohl die bzw. der Vorsitzende der Synode als auch der Kirchenleitung und des Kollegiums
des Landeskirchenamtes ist (KO 156 (1)). Wenn beispielsweise die Kirchenleitung von der Synode
in ihrer Leitungstätigkeit angefragt ist, erhebt sich die Frage, ob diese Beratungen von einem
Mitglied der Kirchenleitung geleitet werden können. Das haben nicht nur die Beratungen zum
Thema bbz gezeigt. Die Kommission empfiehlt, einen eigenen Synodalvorstand (Präsidium) zu
bilden und die Kirchenordnung entsprechend zu ändern.
4.1.1.2
Die Kirchenleitung überträgt die Ausführung ihrer Entscheidungen der Verwaltung und ist
damit auch dafür verantwortlich, die sachgemäße Ausführung zu kontrollieren. Auch in diesem
Falle ist es schwierig, wenn die oder der Präses gleichzeitig Vorsitzende bzw. Vorsitzender des
Kollegiums des Landeskirchenamtes ist und als solcher die Entscheidungen des
Landeskirchenamtes vor der Kirchenleitung vertreten muss. Auch hier halten wir eine Entflechtung
der Zuständigkeiten für notwendig (vgl. auch den Bericht von Steria Mummert vom 28. Dezember
2007).
4.1.1.3
Eine solche Entflechtung hat auch Konsequenzen für die Kirchenkreise und ihre
Leitungsstrukturen. Konsequenzen für die Kirchengemeinden sind zu prüfen. Eine
Kirchenverfassung muss in sich stimmig sein.
4.1.1.4
Solche grundlegenden Änderungen sind nicht ohne eine gründliche Diskussion in der
gesamten Landeskirche möglich. Die Kommission empfiehlt daher die Einsetzung eines
Projektausschusses, der sich mit den Konsequenzen der nach unserer Auffassung erforderlichen
Gewaltenteilung für die Kirchenordnung beschäftigt, gegebenenfalls Vorschläge für eine
Überarbeitung vorlegt und dabei Erfahrungen aus anderen Landeskirchen sowie die Diskussion in
der Rheinischen Kirche aufnimmt. Der Verweis auf die Entstehung und die Tradition der
Kirchenordnung und der Stolz auf diese Ordnung scheint uns kein ausreichender Grund für die
Ablehnung solcher Veränderungen zu sein.
4.1.2 Landeskirchenamt
4.1.2.1
Die Aufgabenwahrnehmung durch die Dezernate geschieht in der Regel orientiert an den
jeweiligen Fachgebieten. Entsprechend ist die Vertretung der Landeskirche in den verschiedensten
Aufsichts- und Leitungsgremien geregelt. Sie entscheiden auch über wichtige finanzielle
Angelegenheiten. Es kann nicht erwartet werden, dass die jeweiligen Theologinnen bzw. Theologen
oder Juristinnen bzw. Juristen über ihr Fachgebiet hinaus auch die Kompetenz in finanziellen und
wirtschaftlichen Angelegenheiten haben. Der Finanzdezernent oder die Finanzdezernentin sollte
somit eine Mitzuständigkeit in Angelegenheiten mit finanziellen Auswirkungen haben. Das betrifft
auch die Beratungen in den entsprechenden Aufsichts- und Leitungsgremien. Die Zuständigkeiten
und die Verantwortlichkeiten der Finanzabteilung und der Fachabteilungen sind klar abzugrenzen.
4.1.2.2
Es gibt derzeit keine für den gesamten Bereich der Finanzen der Landeskirche zuständige
und mit einer entsprechenden Anzahl von qualifizierten Personen besetzte Finanzabteilung. Die
Finanzabteilung bedarf, nicht nur wegen des vorangegangenen Vorschlages sondern auch wegen
weiter unten genannter Vorschläge einer angemessenen fachlichen und personellen Verstärkung.
Diese muss mit einer Erweiterung des fachlichen Kompetenzspektrums einhergehen.
4.1.2.3
Es ist zu überlegen, ob der Finanzdezernentin bzw. dem Finanzdezernenten bei Beschlüssen
mit erheblichen finanziellen Auswirkungen ein Vetorecht eingeräumt wird, das zu einer erneuten
Behandlung des Gegenstandes in der Kirchenleitung oder zu einer Behandlung und
Beschlussfassung in der Synode führt. Das stärkt sie bzw. ihn, gibt ihr oder ihm aber auch eine
größere Verantwortung.
4.1.2.4
Der Kommission lag die Organisationsuntersuchung im Landeskirchenamt von Steria
Mummert vom 28. Dezember 2007 vor. Die Organisationsempfehlungen sollten, soweit sie noch
nicht oder nicht vollständig umgesetzt worden sind und falls nicht wichtige Sachgründe dagegen
sprechen unverzüglich vollzogen werden. Offenbar hängt insbesondere im Bereich von Haushalt
und Finanzen viel vom Projekt „Neues Kirchliches Finanzwesen“ ab. Schon wegen eines
notwendigen effektiven Controllings ist dem hohe Priorität einzuräumen.
4.1.3 Organisationsstrukturen in anderen Rechtsformen
4.1.3.1
Viele Einrichtungen sind als Vereine organisiert. Der (in der Regel ehrenamtliche) Vorstand
bestellt eine Geschäftsführung. Die Aufgaben und Handlungsspielräume (z.B. Bagatellgrenzen bei
der Haushaltsführung) der Geschäftsführung müssen klar definiert werden. Da der Vorstand in der
Regel selbst wichtige Leitungsaufgaben wahrnimmt, ist eine Kontrolle des Vorstandes durch die
Mitgliederversammlung sehr wichtig. Der Vorstand darf seinen Kompetenzvorsprung vor der
Mitgliederversammlung nicht ausnutzen, sondern muss Problempunkte explizit und für die
Mitglieder nachvollziehbar benennen. Ein Vorstand kann sich auch nicht selbst entlasten. Die
Satzung sollte darum regeln, dass eine Mitgliederversammlung, in der der Vorstand die Mehrheit
der Stimmen hat, nicht beschlussfähig ist.
4.1.3.2
Bei Stiftungen sind Aufsicht und Kontrolle besonders schwierig, weil eine Stiftung in der
Regel nur einen Stiftungsrat als Leitungsorgan hat. Sofern der Stiftungsrat eine Geschäftsführung
bestellt hat, gilt im Blick auf die Aufgabenfestlegung das gleiche wie bei Vereinen. Die Aufsicht
über Stiftungen ist durch die jeweiligen Landesgesetze und durch das kirchliche
Stiftungsaufsichtsgesetz geregelt. Die Kommission empfiehlt, in dieses Gesetz noch einen Passus
über Geldanlagen (siehe 4.4) aufzunehmen.
4.1.3.3
Bei einer GmbH hat die Geschäftsführung in der Regel einen besonders großen
Entscheidungsspielraum. Hier muss die Gesellschafterversammlung besonders kompetent besetzt
sein, damit die Geschäftsführung das Geschehen nicht dominiert. Für eine GmbH sollte vom
(kirchlichen) Träger zwingend ein Aufsichtsrat bestellt werden, der mit externem Sachverstand
ausgestattet ist und so seine Aufsichts- und Kontrollfunktion tatsächlich wahrnehmen kann.
4.1.3.4
Die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit von Beteiligungen an wirtschaftlichen
Unternehmungen ist genau zu prüfen und fortlaufend zu überprüfen. Dazu sind genaue Kenntnisse
über die jeweiligen Unternehmen erforderlich. Wir empfehlen die Einrichtung eines
Beteiligungsmanagements
im Finanzdezernat des Landeskirchenamtes.
4.1.4 Allgemeine Hinweise
Die Hinweise in diesem Abschnitt gehören eigentlich zum selbstverständlichen Handwerkzeug in
Entscheidungsprozessen. Die Erfahrung - auch im Zusammenhang der bbz-Geschichte - zeigt, dass
sie immer einmal wieder in Erinnerung gerufen werden müssen.
4.1.4.1
Bei Beschlussfassungen sind, soweit das nicht durch Geschäftsordnungen festgelegt ist,
klare Verantwortlichkeiten festzulegen. Die Ausführung ist durch das Beschlussgremium zu
kontrollieren.
4.1.4.2
Bei Beschlussfassungen zu wichtigen Punkten sind Abstimmungsverhältnisse und
Gegenvoten zu protokollieren. Jeder hat das Recht, dass sein Minderheitsvotum ins Protokoll
aufgenommen wird.
4.1.4.3
Soweit nicht in Satzungen festgelegt, muss es für die verschiedenen Gremien und Personen
schriftlich fixierte Aufgabenbeschreibungen und Kompetenzfestlegungen geben. Das gilt
insbesondere für die Geschäftsführung in Vereinen, Stiftungen und anderen Unternehmen.
4.1.4.4
In finanziellen Geschäften muss oberhalb einer definierten Bagatellgrenze grundsätzlich das
Vier-Augen-Prinzip gelten. Die Grenze muss vom Leitungsgremium beschlossen und schriftlich
festgehalten werden.
4.2 Bericht und Kontrolle
4.2.1 Die Übersicht
4.2.1.1
Die Kommission hatte vom Landeskirchenamt eine Liste sämtlicher Beteiligungen,
Stiftungen und Vereine in kirchlicher Trägerschaft erbeten. Sie musste feststellen, dass eine
einigermaßen vollständige Übersicht darüber nicht bestand. Wir halten es für erforderlich, dass im
Finanzdezernat ein vollständiges Register aller der Kirche zuzurechnenden Beteiligungen und
Vereine geführt wird. Für kirchliche Stiftungen ist das bereits im Kirchlichen Stiftungsgesetz
geregelt. In diese Liste sollten alle Einrichtungen aufgenommen werden, für die im Zweifel die
Kirche finanziell oder ideell in Haftung genommen wird.
4.2.1.2
Es ist zu erwägen, ob entsprechende Register auch in den Kirchenkreisen oder bei den
regionalen Rechnungsprüfungsämtern geführt werden. Die Alternative wäre ein zentrales Register
für die ganze Landeskirche.
4.2.1.3
Mindestens das landeskirchliche Register sollte Angaben über die Wirtschaftsprüfung, die
Entlastung der Vorstände und eventuelle Gewinne und Verluste beinhalten. Insofern ist über eine
entsprechende Meldepflicht nachzudenken, die kirchengesetzlich geregelt werden müsste. Soweit
kirchengesetzliche Regelungen nicht greifen, könnten in die Satzungen der Vereine auch freiwillige
Verpflichtungen aufgenommen werden.
4.2.1.4
Die Übersicht über die landeskirchlichen Beteiligungen müssen der Landessynode, die der
Beteiligungen auf Kirchenkreisebene den Kreissynoden (mindestens aber den jeweiligen
Finanzausschüssen) mit den entsprechenden Vermerken der Wirtschaftsprüfer im Rahmen der
Haushaltsberatungen zur Kenntnis gegeben werden. Auf Probleme und Risiken ist (auch die
Kirchenleitung) dabei ausdrücklich hinzuweisen.
4.2.2 Beteiligungsmanagement
4.2.2.1
Der Erwerb von Beteiligungen bedarf als Ausnahmetatbestand einer besonderen
Rechtfertigung und ist hinreichend aussagekräftig zu begründen. Voraussetzung des Erwerbs von
Beteiligungen sollte eine Due-Diligence-Prüfung sein. Im Rahmen dieser Prüfung werden Stärken
und Schwächen des Objektes und die Risiken analysiert. Geschäftsmodelle mit erkennbar
erheblichen Risiken scheiden aus. Es sollten auch steuerliche Folgen berücksichtigt werden.
4.2.2.2
Beteiligungen der Landeskirche an wirtschaftlichen Unternehmen bedürfen einer
Entscheidung der Kirchenleitung. Es reicht nicht, wenn die Kirchenleitung eine solche
Entscheidung wie etwa beim Erwerb des bbz nur zur Kenntnis nimmt. Das gleiche gilt, wenn der
Geschäftszweck sich wesentlich ändert. Hier ist eine vorherige Entscheidung der Kirchenleitung
erforderlich. Vergleichbares sollte auch für entsprechende Einrichtungen auf anderen Ebenen und in
anderen Bereichen gelten.
4.2.2.3
Beteiligungen sollten von Zeit zu Zeit überprüft oder sogar zeitlich befristet werden. Wir
empfehlen die zeitnahe Überprüfung aller Beteiligungen der Landeskirche auf ihre Sinnhaftigkeit.
In diesem Zusammenhang ist trotz der erfolgreichen Sanierung des bbz zu überprüfen, ob die
Kirche sich nicht mittelfristig von diesem Unternehmen trennt.
4.2.2.4
Das Beteiligungsmanagement sollte auch dafür zuständig sein, die
Wirtschaftsprüfungsberichte zur Kenntnis zu nehmen und bei Beanstandungen auf Abhilfe zu
drängen bzw. bei bedingten Prüfungsvermerken auf die Einhaltung der Bedingungen zu achten. Das
ist auch erforderlich, damit das Finanzdezernat bei den Beratungen in der Landessynode jederzeit
auskunftsfähig ist.
4.2.2.5
Das Beteiligungsmanagement sollte über ein Frühwarnsystem verfügen, durch das
wirtschaftliche Schieflagen und Risiken rechtzeitig erkannt werden können. Es muss mit der
Kompetenz ausgestattet sein, die entsprechenden Aufsichtsgremien auf solche Fehlentwicklungen
hinzuweisen und auf Abhilfe zu drängen.
4.2.3 Wirtschaftsprüfungsberichte
4.2.3.1
Die Prüfung der Jahresrechnung und die Entlastung des Vorstandes soll durch eine externe
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorbereitet werden. Diese darf nicht durch den zu Prüfenden
ausgewählt werden. Ihre Beauftragung bedarf jährlich eines Beschlusses des Aufsichtsgremiums.
4.2.3.2
Der Bericht ist dem Aufsichtsgremium (Mitgliederversammlung,
Gesellschafterversammlung, Aufsichtsrat), mindestens aber den vom Aufsichtsgremium bestellten
internen Kassenprüfern vorzulegen. Bei bedingten Testaten ist die Einhaltung der Bedingungen
durch das Aufsichtsgremium zeitnah zu prüfen.
4.2.3.3
Sofern nicht gewichtige Sachgründe dagegen sprechen, sollte die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in regelmäßigen Abständen, jedenfalls alle fünf Jahre, sowie
darüber hinaus aus gegebenem Anlass gewechselt werden, damit nicht Gewohnheit dazu führt, dass
Mängel übersehen oder gar verschleiert werden. Wo dieses Wechselgebot aus sachlichen Gründen
nicht sinnvoll erscheint, müssen die Aufsichtsgremien besondere Sorgfalt walten lassen.
4.3 Outsourcing
4.3.1
Bei ausgegliederten Firmen (vgl. 3.2.5) mag zwar die formale Zuständigkeit in andere Hände
übergehen. Die Verantwortung für das Projekt als Ganzes bleibt aber in der Regel bei dem
Unternehmen, das die Ausgliederung vorgenommen hat (z.B. Kantine der Kirchlichen Hochschule).
Es bedarf also einer besonderen Begründung für die Ausgliederung. Die Führung als Eigenbetrieb
als Alternative ist zu prüfen, zumal, wenn Zuschüsse der Landeskirche oder des früheren Trägers
erforderlich sind.
4.3.2
Bei der Auslagerung von Unternehmen ist darum vorher zu klären, welche
Einflussmöglichkeiten der ursprüngliche Träger auf das ausgelagerte Unternehmen hat. Schriftliche
Festlegungen sind erforderlich, um solche Standards zu sichern. Es bedarf auch schriftlicher
Festlegungen darüber, welche Haftungsrisiken der Träger übernimmt, und einer Abschätzung der
Risiken, die er möglicherweise übernehmen muss, um faktischen Schaden oder Imageschaden
abzuwenden.
4.3.3
Wir empfehlen die Erarbeitung von Richtlinien, welche Standards (z.B. Tariftreue) eingehalten
werden sollten, wenn kirchliche Einrichtungen Dienstleistungen von Dritten einkaufen.
4.4 Geldanlagen und Schuldendienst
4.4.1
In der Evangelischen Kirche im Rheinland sind (zuletzt im Amtsblatt vom 15. Januar 2007)
Richtlinien für die Geldanlage veröffentlicht worden. Das war vor der Finanzkrise, die wesentliche,
neue Erkenntnisse gebracht hat. Diese Richtlinien bedürfen dringend einer Überarbeitung. Sie
sollten in regelmäßigen Abständen überarbeitet werden.
4.4.2
Diese Richtlinien sollten neben finanztechnischen Kriterien wie Mündelsicherheit und
Liquidität auch ethische Kriterien, die u. a. ökologische und soziale Aspekte berücksichtigen,
enthalten. Hoch riskante Geldgeschäfte sind schon aus diesem Grunde nicht akzeptabel. Rendite
alleine darf nicht das Hauptkriterium sein. Der „Leitfaden für ethisch nachhaltige Geldanlage in der
evangelischen Kirche“ (EKD-Text 113, 2011) ist dazu eine gute Orientierung.
4.4.3
Die Richtlinien müssen für alle der Kirche zuzurechnenden Institutionen und Unternehmen
auf allen Ebenen gelten. Wenn man sich danach gerichtet hätte, wären die Geldanlagen der bbz, die
zu erheblichen Verlusten geführt haben, nicht zulässig gewesen.
4.4.4
Bei dem Ausnahmefall einer unumgänglichen Darlehensaufnahme etwa für
Investitionsmaßnahmen ist im Rahmen der Kapitaldienstfähigkeit zu prüfen, ob die Zins- und
Tilgungsverpflichtungen durch refinanzierte Einnahmen oder durch freie Mittel in den jeweiligen
Haushalten gedeckt sind.
4.4.5
Es kann durchaus sinnvoll sein, dass zum Beispiel die Landeskirche anderen kirchlichen
Einrichtungen für bestimmte Aufgaben Darlehen zur Verfügung stellt. Dazu müssen die
Entscheidungsbefugnisse klar geregelt sein. Bei größeren Summen ist eine Entscheidung der
Kirchenleitung erforderlich. Solche Darlehensverträge bedürfen der Schriftform und müssen klare
Regelungen über Sicherheiten sowie Zins- und Tilgungsverpflichtungen enthalten.
4.4.6
Es sollte ein Anlageausschuss gebildet werden, der mit kompetenten Bankfachleuten besetzt
ist und die Kirchenleitung in allen Anlagefragen berät. Er sollte auch Kirchenkreisen,
Kirchengemeinden und anderen kirchlichen Einrichtungen als Beratungsorgan zur Verfügung
stehen. Das gilt insbesondere auch für Stiftungen, zumal deren Anlagepolitik derzeit besonders
problematisch ist.
4.5 Verantwortung für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
4.5.1 Kompetenz
4.5.1.1
Insbesondere ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirche werden oft mit
Aufgaben betraut, auf die sie nicht ausreichend vorbereitet sind. Das hat vor allem das Echo auf
unseren Brief an die Kirchenkreise gezeigt. Um Aufsichts- und Leitungsaufgaben wahrnehmen zu
können, bedarf es nicht nur der Anbindung an die Kirchengemeinde und des „kirchlichen
Hintergrundes“. Auch hinreichende Fachkenntnisse betriebswirtschaftlicher, juristischer und
sonstiger Natur sind Voraussetzung. Wenn diese Kenntnisse in den entsprechenden Gremien nicht
ausreichend vorhanden sind, sollte man notwendige externe Beratungskompetenz hinzuziehen.
Ständige Überforderung ist ein unverantwortlicher Umgang mit Ehrenamtlichen.
4.5.1.2
Die Kirche sollte regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen anbieten, in denen ehrenamtliche
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Fragen von Vereinsrecht, Wirtschafts- und Finanzfragen und
anderes für ihre Aufgaben qualifiziert werden. Dafür müssen ausreichend finanzielle Mittel zur
Verfügung gestellt werden. Diese Investitionen zahlen sich durch kompetente Arbeit aus.
4.5.1.3
Bei Theologinnen und Theologen wird offenbar nicht nur Leitungskompetenz, sondern auch
Wirtschafts- und Finanzkompetenz vorausgesetzt. Das gilt insbesondere in Leitungsämter zum
Beispiel im Superintendentenamt das automatisch zum Vorsitz des Diakonievereins führt. Ähnliches
gilt in vergleichbaren Strukturen etwa wenn Presbyterinnen und Presbyter in Aufsichtsgremien
entsandt werden. Es gilt auch im Blick auf viele kirchenleitende Zuständigkeiten, dann oft auch für
Juristinnen und Juristen. Es ist zu prüfen, wo solche Automatismen aufgehoben werden können mit
dem Ziel, größtmögliche Fachkompetenz an den richtigen Stellen einzusetzen.
4.5.1.4
Die Mitglieder von Vorständen und anderen vergleichbaren Gremien sollten über die
rechtliche Situation in Haftungsfragen unterrichtet werden. Wir empfehlen die Erstellung eines auch
für Laien verständlichen Leitfadens, das allen Vorstandsmitgliedern zur Verfügung gestellt wird. In
diesem Zusammenhang sind auch Versicherungsfragen anzusprechen. Die Frage, ob übliche
Versicherungen ausreichend und günstig sind, konnte die Kommission nicht einschätzen. Zu
erwägen wäre auch eine generelle Versicherung der Landeskirche für Haftungsansprüche, die aus
ehrenamtlicher Vereinstätigkeit erwachsen können.
4.5.2 Menschliche und seelsorgliche Aspekte
4.5.2.1
Ehrenamtliches Engagement ist ein hohes Gut. Dabei sollte jede und jeder die Aufgabe
übernehmen, die sie bzw. er besonders gut kann. Es gehört zum verantwortlichen Umgang mit
Menschen, ihnen nur die Aufgaben zu übertragen, denen sie sich auch gewachsen fühlen. Darauf
müssen sie in angemessener Weise vorbereitet werden. Das zeigen auch die Rückmeldungen aus
den Kirchenkreisen.
4.5.2.2
In den Gemeinden ist viel Kompetenz auch in finanziellen Angelegenheiten vorhanden.
Dieses Kapital gilt es zu nutzen. Es ist nicht automatisch in Presbyterien und Synoden vertreten.
Der Blick sollte sich auch auf die richten, die in solchen Gremien nicht vertreten sind. Sie sollten
stärker für eine Mitarbeit gewonnen werden. Damit solche Menschen stärker in die Verantwortung
eingebunden werden können, sollten Ordnungen auch darauf hin geprüft werden, ob nicht bessere
Möglichkeiten geschaffen werden können, dass entsendende Gremien auch solche Personen z.B. in
Vorstände und Aufsichtsorgane entsenden können, die nicht Mitglied der Gremien sind.
4.5.2.3
Auch die Zeit der Ehrenamtlichen ist kostbar. Wer gute Leute gewinnen will, muss
umsichtig mit ihrer Zeit umgehen. Das gilt nicht nur für Gremiensitzungen. Sie sollten gut
vorbereitet und konzentriert geleitet werden. Jeder und jede sollte das Gefühl haben, dass die
investierte Zeit gut angelegt ist.
4.5.2.4
Auch hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirche werden in ihrem Amt oft
mit Aufgaben betraut, für die sie nicht ausgebildet sind (vgl. 4.5.1.3). Wo solche strukturellen
Verknüpfungen notwendig erscheinen, sollten Qualifizierungsangebote gemacht werden, die
zielgerichtet und effektiv sind.
4.5.2.5
Personen, die in ein Gremium entsandt worden sind, sollten die Gelegenheit haben, in dem
entsendenden Gremium regelmäßig über ihre Arbeit zu berichten. Sie sollten Probleme benennen
und mögliche Schwierigkeiten zur Sprache bringen können. Das stärkt sie in der Wahrnehmung
ihrer Aufgabe und erhöht die Sensibilität im Blick auf Gefahren, wirtschaftliche Schieflagen und
ethische Fragen, für die man in den Leitungsgremien sehr schnell betriebsblind werden kann. Sie
brauchen die Begleitung derjenigen, die sie beauftragt haben.
4.5.2.6
Für alle Beratungen sollte gelten: Freundschaftliche Verbindungen (das kirchliche „Du“)
ersetzen keine gründlichen Beratungen und Auseinandersetzungen. Sachlich gebotener Widerspruch
darf nicht zu Feindschaften führen. Anfragen begründen noch kein Misstrauen. Ein
Kompetenzvorsprung des einen darf nicht zur Verunsicherung der anderen führen. Wir sind alle
miteinander Lernende. Dieser Geist sollte unsere Beratungen und Entscheidungen leiten.
4.5.2.7
Selbst wer rechtlich schuldig geworden oder seiner Verantwortung nicht gerecht geworden
ist, darf gerade in der Kirche nicht fallen gelassen werden. Es geht nicht darum, Sündenböcke zu
suchen, sondern aus Fehlern zu lernen und sich gegenseitig zu helfen. Es muss immer Brüder und
Schwestern geben, die sich um diesen Menschen kümmern. Darauf zu achten ist eine zentrale
Aufgabe von Gemeinde. Das gilt auch im Blick auf die Vorgänge um das bbz, die Anlass zu diesen
Ausführungen waren.
5 Erste Schritte
Zur Umsetzung des Berichtes könnten folgende erste Schritte gegangen werden:
1. Der Bericht wird den Kirchengemeinden und den Kirchenkreisen zur Verfügung gestellt mit
der Bitte, ihn für ihre Arbeit auszuwerten.
2. Es wird eine Leitfaden für Mitglieder von Vorständen, Aufsichtsgremien und Vereinen
erarbeitet, die im Sinne des Berichtes der Information und Qualifizierung für die Arbeit
dient und auch elementare Rechtskenntnisse in diesem Feld vermittelt (vgl. 4.5.1.4).
3. Die Kirche bietet Fortbildungsveranstaltungen an, in denen Kenntnisse und Fähigkeiten zur
Mitarbeit in entsprechenden Gremien vermittelt bzw. eingeübt werden können (vgl. 4.5.2.1).
4. Es wird ein Projektausschuss eingesetzt, der im Sinne des vorliegenden Berichtes über eine
Änderung der Kirchenordnung nachdenkt und der nächsten Landessynode 2014 einen
Bericht über Möglichkeiten und Varianten solcher Änderungen vorlegt (vgl. 4.1.1), damit
die Landessynode sich schon auf der nächsten Tagung mit den inhaltlichen Fragen
auseinandersetzen kann.
5. Die Kirchenleitung unterbreitet der Landessynode auf ihrer Tagung 2014 Vorschläge über
die Ausstattung des Finanzdezernates und die Abgrenzung der Aufgaben und
Zuständigkeiten (vgl. 4.1.2).
6. Es wird ein Beteiligungsmanagement im Finanzdezernat eingerichtet (vgl. 4.2.2). In diesem
Zusammenhang überprüft die Kirchenleitung alle Beteiligungen der Landeskirche auf ihre
Sinnhaftigkeit (vgl. 4.2.2.4).
7. Der Landessynode wird im Zusammenhang mit dem nächsten Haushalt ein Bericht über alle
Beteiligungen der Landeskirche vorgelegt (vgl. 4.2.1.4). In diesem Zusammenhang wird
auch die Einrichtung eines entsprechenden Registers geprüft und der Landessynode ein
Vorschlag vorgelegt (vgl. 4.2.1.1).
8. Es werden Richtlinien für den Einkauf von Dienstleistungen Dritter in kirchlicher
Einrichtungen erarbeitet (vgl. 4.3.3).
9. Die Richtlinien für Geldanlagen der Evangelischen Kirche im Rheinland werden
überarbeitet (vgl. 4.4). In diesem Zusammenhang ist die Ergänzung des Stiftungsgesetzes zu
prüfen (vgl. 4.1.3.2).
10. Es wird ein Anlageausschuss gebildet (vgl. 4.4.6).
11. Das Finanzdezernat wird gebeten, Vorschläge über weitere Schritte zu machen insbesondere
zu den Punkten 4.2.1.1 und 4.2.1.2.