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Trikotfarbenkennzeichnung im TV

 

Die Trikotfarben bei Fußballübertragungen im TV

Geschichte einer Idee

 

Das Sommermärchen Fußball-WM 2006

Eines ist noch vom Sommermärchen 2006 geblieben: Bei jeder Fußballübertragung wird neben den Namen der Mannschaften die Farbe ihres Trikots angezeigt. Das gab es vor der WM 2006 erstaunlicherweise nicht. Doch bis es dazu kam, war es eine spannende Geschichte.

Eigentlich ist es sehr naheliegend, die Farbe des Trikots neben die Mannschaftsnamen einzublenden. Wer als Zuschauer später einschaltet, weiß direkt, welche Mannschaft in welchem Trikot spielt. Bei Umherschalten zwischen verschiedenen Spielen ist man immer schnell informiert und auch der beste Fußballkenner wird Schwierigkeiten haben, ohne Hinweise die Mannschaften von Senegal und Kamerun nach ihren Trikots zuzuordnen. Zudem wurden bei der WM ja viele Zuschauer und Zuschauerinnen erwartet, die sonst kaum Fußballübertragungen anschauen.

Also habe ich lange vor der WM, am 17. Oktober 2005, die ARD angeschrieben und angeregt, neben die Namen der beteiligten Nationen in zwei kleinen Kästchen übereinander die Farben von Trikot und Hose anzuzeigen.

Am 12. Januar 2006 antwortete mir dann die Zuschauerredaktion der ARD und lehnte diesen Vorschlag rundherum ab, da das Fernsehbild eh schon mit zu vielen Einblendungen belastet sei. Außerdem sei es in wenigen Minuten für jeden feststellbar, welche Mannschaft in welche Richtung spielt. Eine Einblendung hielten sie deshalb für nicht gerechtfertigt.

Als Leiter der verantwortlichen Redaktion der ARD für die WM-Übertragungen schrieb mir der WDR-Fernsehprogrammdirektor Ulrich Deppendorf am 10. März 2006, dass man diese auf den ersten Blick einleuchtende Idee leider nicht umsetzen könne. Das Bild sei schon durch verschiedene Grafiken (Dauerspielstand, Senderlogo, Produzenten, Torschützen, Gelbe/Rote Karten) belegt. „Die Aufnahmefähigkeit unserer Zuschauer ist bis zum Anschlag strapaziert, denn zwischen all diesen Grafiken wird auch noch Fußball gespielt. Eine zusätzliche Ablenkung würde von der Mehrzahl unserer Zuschauer nicht akzeptiert werden.“ Aus Verantwortung denen gegenüber, die die Trikotfarben nicht zuordnen können, „sind unsere Kollegen gehalten, in ihren Erläuterungen zum Spiel deutlich zu machen, wer wer ist.“

Ich habe ihm dann darauf geantwortet, dass bei Konferenzschaltungen man sich immer wieder neu orientieren muss, dass später zuschaltende Zuschauer lange überlegen müssten und dass gerade Fußballlaien bei einer WM einen sehr einfachen und deutlichen Zugang zum Spielverständnis haben sollten, wenn man neue Freunde gewinnen will. Man könne die fehlende Kommunikationsbrücke zwischen Bild und angegebenen Mannschaften leicht schließen. Die Kennzeichnung wäre ein Service für die Zuschauer, der dem besseren Spielgenuss dienen würde.

Einige Tage später bekam ich von Ulrich Deppendorf wieder eine Absage: Seine Sportgrafiker hätten einige Feldversuche mit sehr unbefriedigendem Ergebnis gestartet, die keine Hilfe für die Zuschauer wären. Außerdem hätten die Sendeanstalten überhaupt keinen Handlungsspielraum: Bei der WM würde den Sendern ein „Komplettpaket inklusive Grafiken geliefert, so dass wir auch dort keinen Einfluss haben.“

Schade, so dachte ich, aber vielleicht sieht das ja die zweite übertragende Anstalt ZDF anders. Und wenn Vorschriften vom DFB oder von der FIFA eine solche Hilfe für den Zuschauer verhindern: Noch ist vielleicht genug Zeit, das zu ändern.

Also schrieb ich am 12. April 2006 E-Mails mit ausführlichen Argumentationen für eine farbige Trikotkennzeichnung als zuschauerfreundliches WM - Fernsehen an das ZDF in Mainz, an den DFB in Frankfurt und an die FIFA in Zürich.

Vom DFB und von der FIFA bekam ich keine Antwort. Eberhard Figgemeier als ZDF-Chefredakteur Sport schrieb mir am 04. Mai 2006: „So interessant Ihr Vorschlag auch ist, keine deutsche Fernsehanstalt wird ihn umsetzen können. Die Fußball-WM 2006 findet zwar in Deutschland statt, wir sind aber nicht Herr im eigenen Hause. Mit dem Erwerb der Rechte verpflichtet man sich auch zur Übernahme des Weltbildes, das durch eine Tochterfirma des Rechteinhabers produziert wird. Und damit sehen die eingeblendeten Grafiken weltweit gleich aus, verändern können wir sie nicht.“

Aber die Griechen haben doch eine ganz andere Schrift über den gleichen Bildern?

Wie groß war dann die Überraschung, als ich am Eröffnungstag der WM, am 09. Juni 2006, im Urlaubshotel auf Samos das Eröffnungsspiel im ZDF anschaute: Trotz der Ablehnung durch den Chefredakteur noch vor fünf Wochen hat das ZDF bei seinen Übertragungen die Länderkennzeichnung durch die Trikotfarben umgesetzt: Nicht in zwei Kästchen mit Trikot- und Hosenfarbe, sondern nur mit einem Kästchen für die Trikotfarben. Aber auch so wird jedem deutlich, welches Trikot zu welcher Mannschaft gehört. Ein echter Service für jeden Zuschauer, in Sekunden kann man die Mannschaften erkennen. Man muss sich nichts merken, sondern kann das Spiel genießen. Und nicht ganz unwichtig: Als weitgehender Laie, oder wenn man abgelenkt war, kann man sich davor bewahren, beim falschen Tor zu jubeln. Welche Peinlichkeit wäre der Torschrei zur falschen Zeit!

Ob DFB oder FIFA durch mein Schreiben angeregt wurden,  in den letzten Wochen noch grünes Licht für eine Lockerung der strengen Regeln für die Einblendungen zu geben? Ich weiß es nicht.

Aber für die Zuschauer war diese Neuerung ein guter Fortschritt: Und vermutlich ein nicht unerheblicher Grund dafür, dass in der Zuschauergunst das ZDF als Sieger gegenüber den anderen übertragenden Sendern hervorging: Außerdem wurde das ZDF für seine WM - Berichte mit dem Deutschen Fernsehpreis 2006 für Sportübertragungen ausgezeichnet.

Inzwischen ist diese farbige Trikotkennzeichnung in Deutschland Standard bei fast allen Fußballübertragungen, nicht nur bei Länderspielen. Bis heute, 09. Jan. 2024, haben vermutlich viele Millionen Zuschauer diese kleine Hilfe angesehen und sich gefreut, dass sie schnell informiert sind. Rechnet man allein die bisherigen Länderspiele seit 2006 zusammen, kommt man auf eine Größenordnung von mehr als einer Milliarde Zuschauern alleine in Deutschland.

 

Sehr dankbar hat sich das ZDF allerdings nicht gezeigt. Am 12. April 2006 hatte ich die Idee dem ZDF zugesandt. Obwohl mir der Sport - Chefredakteur Eberhard Figgemeier noch am 04. Mai 2006 für die „interessante Idee“ dankte, die ihm anscheinend neu war, sollen schon vor meiner Anregung seine Mitarbeiter ebenfalls auf diese Idee gekommen sein, ohne dass der Chef wenige Wochen vor der WM davon wusste. Das ist sehr fragwürdig! Bei jahrzehntelangen Sportübertragungen des ZDF und der ARD hat niemand diese Idee gehabt und verwirklicht. Jetzt aber sei die farbige Trikotkennzeichnung alleine eine Idee der Sport- und der Marketingredaktionen des ZDF gewesen und nicht meine, schrieben mir später Chefredakteur Nikolaus Brender und auch der Verwaltungsratsvorsitzende Kurt Beck.

Aber ich bekam großzügigerweise als Dank eine DVD „40 Jahre Sportstudio“.

 

Manfred Alberti

 

 

 

 

 

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