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Duisdorfer
Thesen

 75 Jahre danach

 

Während einer Gemeindefreizeit der Ev. Johanniskirchengemeinde Bonn-Duisdorf im Februar 2009 wurde unter den Teilnehmenden Interesse am Reformprozess der EKD geweckt.
So bildete sich anschließend ein Kreis von in-teressierten Gemeindemitgliedern,
die ausführlich über die zwölf Leuchtfeuer einer „Kirche der Freiheit“ weiterdiskutierten.

 

Das Ergebnis dieser Diskussionsrunden haben die Beteiligten in sechs Duisdorfer
Thesen formuliert. Sie versuchen, ein reformatorisch geprägtes Bild einer
Kirche in Vielfalt und mit Basisbeteiligung zu entwerfen. Daneben werden auch
Bedenken formuliert: Die angestrebte Entwicklung der evangelischen Kirche
scheint vor allem durch Anpassung an Unternehmenspläne und Rentabilitätsstrategien
geprägt zu sein.

 

 

 

 

Oktober 2009

 

 

Claudia Albold, Aurelie Diesterheft, Hermann Federschmidt, Ruth Federschmidt, Robert Grimmell, Dagmar Gruß, Christiane Harmßen-Krug, Björn Sobick, Henrike Westphal

 




These 1:

Sprache des Evangeliums statt
Sprache der Wirtschaft

 

Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus … (2Kor  4,5a)

 

Nicht viele Weise nach dem
Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen. Sondern was
töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden
mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er
zuschanden mache, was stark ist ... damit sich kein Mensch vor Gott rühme.

(1Kor 1,26b-27.29)

 

Die Sprache des Evangeliums richtet sich in beeindruckender Schlichtheit besonders
an Schwache, Traurige und Erfolglose. Sie hat eine tröstliche und
hoffnungsvolle Wirkung, weil durch sie Gottes Geist auf vielfältige Weise
Menschen erreicht.

 

Wir halten für bedenklich, dass die Sprache des Reformprozesses eine Sprache der Starken, Erfolgreichen und Selbstgewissen ist, die meinen, alles selbst „machen“ zu können.

 

 

These 2:

Vielfalt von unten statt
Vorgaben von oben

 

Es sind verschiedene Gaben;
aber es ist ein Geist. Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr.
Denn wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes
aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind: so auch Christus.

 (1Kor  12,4f.12)

 

Die Gaben und Ämter in der
Kirche begründen keine Hierarchie. Vielmehr dient die Vielfalt der Gaben und
Aufgaben dazu, die Kirche Jesu Christi in aller Buntheit aufzubauen. Dies
geschieht an unterschiedlichen Orten, bei unter-schiedlichen Gegebenheiten,
Traditionen und Menschen je verschieden.

 

Wir bestreiten die Annahme,
es könne von kirchenleitenden Stellen bestimmt werden, welches Bild die
Gemeinde vor Ort abgeben, an welchen Orten sie sich treffen oder welcher Lied-
und Textkanon vermittelt werden soll.



 

 




These 3:

Vorrang der Inhalte statt Vorrang
der Wirtschaftlichkeit

Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.

(Mt  6,24)

 

Das Wesen der evangelischen Kirche besteht darin,
die frohe Botschaft von Jesus Christus weiterzusagen. Nächstenliebe und So­lidarität
 sind ihre sichtbaren Kennzeichen. In den Gemeinden und Institutionen ist der Heilige Geist am Werk.



Wir bestreiten die Annahme, dass die Kirche wie ein Unternehmen geführt werden kann und durch Controlling-Verfahren in ihrer Effektivität zu optimieren ist.
Wirtschaftspläne und Strategiepapiere dürfen nicht verdecken, dass sie eine Stiftung
des Heiligen Geistes ist.



 

These 4:

Vitalisierung der Ortsgemeinden statt Konzentration auf regionale Zentren

 

Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in
der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet. (Apg 2,42)

 

Die Kirche Jesu Christi ist für die einzelnen Christinnen und Christen vor allem in
der Gemeinde zu erleben, die sich als Gottesdienstgemeinde zusammenfindet. Das
gemeinsame Gebet, die Abendmahlsfeier und die Fürsorge füreinander und für die
fernen Nächsten stehen dabei im Vordergrund. Deswegen sollen die Ortsgemeinden
lebendig sein, durch Gottes Wort und Geist berührt, Ausstrahlungskraft haben
und die Menschen dort treffen und abholen, wo sie leben.



Wir halten für bedenklich, dass bei knapper werdenden Mitteln eine Konzen-tration
evangelischer Gemeindearbeit in regionalen Zentren die geistliche Verantwortung
aller Christen und Christinnen füreinander schwächt und nur wenige mobile
Menschen daran Anteil haben können.





 




These 5:

Beteiligungskirche statt Servicekirche

 

… gib deinen Knechten, mit
allem Freimut zu reden dein Wort… (Apg 4,29)



 

Aus diesem Grund erinnere ich dich daran, dass du erweckest die Gabe Gottes, die in dir ist … Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. (2Tim 1,6a-7)



Seit der Reformation legt die evangelische Kirche großen Wert auf die Mündigkeit aller Christinnen und Christen: jede/r soll durch eigenes Bibelstudium und verständliche Predigten zu eigenen Glaubensentscheidungen kommen. Im Rahmen eines Priestertums aller Gläubigen gestalten alle in einem lebendigen Diskurs das Gemeindeleben mit. Kirche wächst von unten.

 

Wir halten für bedenklich, dass zentrale Entscheidungen der evangelischen Kirche auf immer höhere Ebenen verlagert werden, so dass die Gestalt der Kirche zunehmend von oben her geprägt wird.

 

These 6:

Gegenwartsfragen  bestimmen  den Rückgriff auf Traditionen

Und stellt euch nicht dieser Welt gleich,  sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist ... (Röm 12,2)



Die Kirche als lebendiger Leib Jesu Christi kann nur bestehen, wenn sie immer neu
in die Gegenwart hinein spricht und sich zugleich vom Bestehenden unterscheidet.
Ihre Botschaft ist einzigartig und unverwechselbar, leuchtet aber immer wieder
von einer anderen Seite her. Die Menschen jeder Epoche sind gerufen, das
Evangelium auf je eigene Weise zu leben.

 

Wir bestreiten die Annahme, die Vermittlung von christlichem Traditionsgut mit
Methoden der Gegenwart könne Menschen schon überzeugen und die Kirche retten.
Es reicht nicht,  die Erkenntnisse und Glaubenssätze einer vergangenen Zeit bloß zu wiederholen und zeitgemäß aufzubereiten.

 

 

V.i.s.d.P.:  Dagmar Gruß (Pfarrerin), Bahnhofstr. 65, 53123
Bonn, Tel.: 0228/647293, d.gruss@bonn-evangelisch.de

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