Diese Verwaltungsstrukturreform wird trotz aller gegenteiligen Beteuerungen die Struktur der ganzen Rheinischen Landeskirche verändern: Die Verwaltung bekommt leitende Funktionen zugewiesen und schwächt so an entscheidenden Stellen die Leitungsverantwortung der Presbyterien und Kreissynodalvorstände bzw. Superintendenten. Das presbyterial-synodale System wird im Kern ausgehebelt.
Leider ist die 100seitige Vorlage an entscheidenden Stellen trotz
Bitten um Klarstellung (Z.B. Verwaltung mit dienender oder leitender Funktion) von
ausgesprochener Unklarheit und Undeutlichkeit, so dass hier davon ausgegangen
werden muss, dass damit die Machtverschiebung von Presbyterien und KSV/
Superintendenten auf die Verwaltung verschleiert werden soll.
Eine unausgesprochene Kernthese scheint dabei maßgeblich zu
sein: „Die Verwaltung besitzt als einzige Institution in der Kirche (ausgenommen
die Theologie) professionelle Qualität gegenüber ehrenamtlicher Arbeit (presbyterial-synodale
Leitung) und kann deshalb Leitungsverantwortung (Macht) beanspruchen.“
Dabei sind vor allem folgende Bereiche im Blick:
1.1. Verwaltung übernimmt wesentliche Finanzzuständigkeiten von Presbyterien und KSVs.
Die Presbyterien (wie die KSVs) verlieren weitgehend die Verantwortung
für Personal, Gebäude und Finanzen. Einflussmöglichkeiten der Presbyterien
werden reduziert auf wenige Grundsatzentscheidungen (z.B. Haushaltsbeschluss,
Einzelentscheidungen über 10.000 €). Den Rahmen der „Geschäfte der laufenden
Verwaltung“ soll durch eine Kirchenkreissatzung die Kreissynode festlegen. Die
Presbyterien und der KSV sind daran gebunden. Reine Augenwischerei ist es, wenn
hier von „Kugelschreibergeschäften“ geredet wird, in Wirklichkeit aber alle Finanzentscheidungen bis 5000 € oder 10.000 € gemeint sind.
Problematisch ist, dass so die Entscheidungsrechte wesentlicher
Bereiche der Gemeindearbeit „gesetzlich“ (also für immer) auf die Verwaltung
übertragen werden sollen. Dass das eine Verschiebung von Leitungsverantwortung
von Presbyterien und KSVs auf die Verwaltung bedeutet, wird nirgendwo
diskutiert oder erläutert. Gegen eine jährlich neu durch die
presbyterial-synodalen Leitungsorgane beschlossene Übertragung auf die
Verwaltung dürfte hingegen wenig einzuwenden sein, weil dann die Leitung bei
den dafür zuständigen presbyterialen und synodalen Gremien bleibt (A 2 e S.3
und B 2 Zu e S. 39f).
1.2. Verwaltung löst Superintendenten als Aufsichtsorgan ab:
Die Superintendenten und KSVs seien für ihre Aufsichtsaufgaben nicht hinreichend mit Fachwissen ausgestattet: Deshalb sollten deren Aufsichtsaufgaben (z.B. Genehmigungsvorbehalte) aufgelöst werden
zugunsten einer internen Verwaltungskontrolle (Vieraugenprinzip). Letztlich kann Verwaltung alleine sich selbst kontrollieren, trotz formaler Oberaufsicht durch den (nicht kompetenten)
Superintendenten. De facto beansprucht der ihm unterstellte Verwaltungsleiter durch seine professionelle Verwaltungskompetenz und durch die Leitung seiner Mitarbeiter die Entscheidungskompetenz, die
heute noch Superintendenten, KSVs und Presbyterien innehaben. Dass Verwaltungsleiter größerer
Kirchenkreise mit A 16 ein Gehalt bekommen können wie ein Superintendent mit A
15 plus Funktionszulage, zeigt die hier eingetretene schleichende Machtverschiebung
zugunsten der Verwaltung augenfällig ( B 2 Zu b, bb S. 31f).
1.3. Verwaltung kann als Zwangs- und Monopolverwaltungen Preise und Aufgabenbereiche selbst bestimmen.
Weder KSVs, noch Superintendenten, noch Presbyterien, noch Ausschüsse können effektiven Einfluss auf die Verwaltungskosten haben, da die Verwaltung
logischerweise selbst die professionelle Kompetenz beansprucht, den notwendigen
Umfang und Kostenrahmen der Verwaltungstätigkeit beurteilen zu können. Die
Verwaltungen haben durch die „Verwaltungsstrukturreform“ als erste Gruppe der
nichttheologischen Mitarbeiter innerhalb der Kirche die Möglichkeit, sich ihren
Arbeitsbereich und Mitarbeiterstamm gesetzlich absichern zu lassen. Bislang
sind dem Spielraum nach oben dabei keine Grenzen gesetzt. Eine Grenze maximaler
Verwaltungskosten ist deshalb für die Gemeinden dringend notwendig. Kein Mensch
kommt wegen einer hervorragenden Verwaltung in die Kirche. Wenn hingegen kein
Geld für Gemeindetätigkeiten mehr da ist, kann die Gemeinde immer weniger
Menschen ansprechen.
(Eine Gemeinde in Wuppertal mit 4.100 Gemeindegliedern bekommt 2012 nach Abzug aller Umlagen -auch für
Diakonisches Werk und den Kindergartenverband- 296 Tsd. Euro aus Kirchensteuermitteln: Nach Abzug der
Pauschalen für zwei Pfarrstellen (je 87 Tsd. Euro) müssen von den verbleibenden 122 Tsd. Euro 114.450 Euro für die normale Tätigkeit des Verwaltungsamtes ohne Gemeindepräsenz bezahlt
werden. Das sind 38,5 Prozent der frei verfügbaren Kirchensteuermittel. Es verbleiben der Gemeinde aus der Kirchensteuer ganze 7.550 Euro, nicht einmal 2 € pro Gemeindeglied!)
Nähere Erläuterungen zu einzelnen Punkten und anderen Problemen der Verwaltungsstrukturreform finden Sie unter dem Punkt "E: Verwaltungsstrukturreform" sowie einzelnen Aufsätzen dazu.