www.manfredalberti.de
                                   www.manfredalberti.de                    

Der Wortlaut des Berichtes  ist  auf der nächsten Seite oder im Original zu finden unter: Startseite ekir.de, unter dem Strich: ekir.de - Landessynode,   LS 2013, rechts: Dokumente,   Bericht der "Hoeppner-Kommission"

 

 

Landessynode 2013

Vortrag Dr. Reinhard Höppner

Herr Präses, hohe Synode!

Der Bericht unserer Kommission umfasst 18 Seiten. Den will und werde ich Ihnen hier nicht vortragen. Ich kann ihnen nur eine ausführliche Zusammenfassung geben, hoffe aber, dass sie die wesentlichen Aspekte enthält und eine gute Grundlage für die Diskussion ist.

Unser Auftrag war „unabhängig von der Bewertung der straf-, zivil- und dienstrechtlichen Aspekte eine Aufarbeitung innerkirchlicher Voraussetzungen struktureller und inhaltlicher Art, die Entwicklungen wie in der bbz GmbH ermöglichten“ (Beschluss Nr. 38/2012) vorzunehmen. Wir sollten Vorschläge erarbeiten „ob und gegebenenfalls wie Leitungs-, Führungs- und Aufsichtsstrukturen in der Evangelischen Kirche im Rheinland verändert werden müssen, um den Auftrag der Kirche im Rahmen der presbyterial-synodalen Ordnung“ erfüllen zu können.

 

Das bbz

Zunächst mussten wir uns also einen Überblick über die Vorgänge beim bbz verschaffen. Dazu hatten wir Frau Barbara Dressler und Herrn Harald Ohlmeyer eingeladen. Außerdem habe ich ein Gespräch mit Herrn OKR Georg Immel geführt. Die Lage stellt sich uns zusammengefasst folgendermaßen dar:

Das bbz ist im Februar 1999 gegründet und noch im November 1999 an die Evangelische Kirche im Rheinland verkauft worden. Unternehmensgegenstand war die „Bearbeitung von Beihilfeanträgen der Bediensteten von Kommunen, Kirchen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Dienststellen und Unternehmen einschließlich Berechnung und Auszahlung der Beihilfen sowie der Vermarktung von PC-orientierten Beihilfe-Berechnungs- und Informationssystemen“. Der Unternehmensgegenstand des bbz wurde bereits im November 2000 erheblich – um die Abrechnung und Auszahlung von Gehältern und Löhnen – erweitert und der Gesellschaftsvertrag entsprechend geändert.

Das bbz ist nach dem Erwerb durch die Evangelische Kirche im Rheinland 1999 und nach der Geschäftserweiterung 2000 schnell gewachsen. Die Bilanzsumme betrug
per 31.12.1999 1,1 Mio DM
per 31.12.2000 3,7 Mio DM
per 31.12.2006 15,4 Mio €

Der Jahresabschluss per 31.12.2006 ist der letzte zunächst ohne weitere Bedingung testierte Jahresabschluss des bbz. Das Testat wurde allerdings im März 2012 zurückgezogen.

Für die bbz GmbH gab es die Gesellschafterversammlung (bestehend aus 2 Personen!). Einen Aufsichtsrat oder ein anderes Aufsichtsgremium richtete die Eigentümerin vor 2011 nicht ein.

Die Beihilfebearbeitung wurde – durchaus marktüblichen – zu einem Pauschalpreis abgerechnet, der allerdings sehr knapp kalkuliert war. Auf die vertragsmäßig möglichen Preiserhöhungen verzichtete das bbz vollständig. Im Laufe der Jahre blieben ihre Preise immer deutlicher hinter den Marktpreisen zurück. Damit wuchs die Kundenzahl stetig und schnell. Die Erlöse reichten aber nicht zur Deckung der operativen Kosten.

Die Geschäftsführung des bbz füllte die wachsenden Lücken durch Kapitalerträge. Sie legte die ihr von ihren Kunden treuhänderisch überlassenen Gelder vor Weiterleitung und Auszahlung zugunsten des bbz gewinnbringend an. Dieses durchaus legitime Geschäftsmodell konnte den Eindruck eines florierenden Unternehmens erwecken, solange die Kundenzahl wuchs und die Anlageerträge auskömmlich waren.

Im Oktober 2006 legte die Geschäftsführung des bbz 8,5 Mio € bei einer Fondsgesellschaft auf den British Virgin Islands an, und zwar für 10 Jahre zu einem Zinssatz von 23 % pro Jahr. Die Zinszahlungen trafen aber nicht ein. Auch die Rückzahlung des Anlagebetrages selbst ist nicht mehr zu erwarten. Mit gefälschten Belegen wurde vorgetäuscht, es seien Zinserträge erzielt worden. Auf diese vorgetäuschten Einnahmen wurden auch noch Kapitalertragssteuern durch das bbz entrichtet.

Im Oktober 2007 fand die jährliche „Abschlussbesprechung Vorprüfung Jahresrechnung 2006 der Landeskirchenkasse“ statt. Die Teilnehmer waren vier Vertreter des Landeskirchenamtes und zwei Vertreter des Rechnungsprüfungsamtes. Ein Absatz des Protokolls im Abschnitt „Beteiligungen“ befasst sich mit dem Prüfbericht für 2006 des Wirtschaftsprüfers des bbz und zitiert als Ergebnis, „dass die Eigenkapitalausstattung unzureichend ist und bei einer Verschlechterung der Ertragslage die Entwicklung und der Fortbestand der bbz GmbH gefährdet ist.“ Der Absatz endet mit der Verabredung, die Abteilung I des Landeskirchenamtes solle hierzu noch eine ausführlichere Stellungnahme abgeben. Die Stellungnahme ist danach weder abgegeben noch abgefragt worden.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die bereits 2007 den zitierten Prüfbericht geschrieben hatte, wurde immer wieder mit der Erstellung der Jahresabschlussprüfung für die Folgejahre beauftragt und hat auch jeweils mit der Prüfung begonnen und diese Arbeiten abgerechnet. Eine Jahresabschlussprüfung mit uneingeschränktem Testat hat sie aber in keinem der folgenden Jahre mehr fertig gestellt. In dem Prüfbericht zum Abschluss per 31.12.2007 (vorgelegt mehr als ein Jahr verspätet im November 2009) wurde das Testat nur noch unter der Bedingung erteilt, dass die Forderung aus Kapitalerträgen für 2007 bis zum 31.12.2009 zufließt. Diese Bedingung ist aber weder fristgerecht noch überhaupt eingetreten. Der Jahresabschluss 2007 ist damit nichtig.

Beauftragt wurde die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nicht – wie gesetzlich vorgeschrieben – durch Beschluss der Gesellschafterversammlung, in Ermangelung eines Aufsichtsgremiums auch nicht von diesem, sondern von der Geschäftsführung. Der Prüfungsbericht wurde deshalb auch von der Geschäftsführung entgegengenommen.

Anfang 2011 war das Geschäftsmodell des bbz – bei stetig wachsenden Defiziten aus dem operativen Geschäft und tatsächlich nicht geflossenen Erträgen aus dem Investment – am Ende. Die Geschäftsführung erbat von ihrer Alleingesellschafterin, der Evangelischen Kirche im Rheinland, im Januar 2011 zunächst eine befristete Ausfallbürgschaft und später im Juli 2011 zusätzlich ein kurzfristiges Liquiditätsdarlehen in Höhe von 7 Mio €. Das Kolle¬gium des Landes¬kirchenamtes gewährte das Darlehen, beauftragte aber gleichzeitig eine Sonderprüfung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Nach Beratung im Finanzausschuss und in der Kirchenleitung wurde im September 2011 eine Rechtsanwaltskanzlei mit einer umgehenden Prüfung der rechtlichen Situation und etwaiger Ansprüche gegen die Beteiligten beauftragt. Das langjährige Mitglied des Finanzausschusses Harald Ohlmeier wurde als Mitglied in die Gesellschafterversammlung der bbz GmbH entsandt.

Nach alarmierenden Zwischenergebnissen wurde eine Sondersitzung der Kirchenleitung am 4. Oktober 2011 anberaumt, in der u. a. ein Austausch der Mitglieder der Gesellschafterversammlung, die Ablösung der bisherigen Geschäftsführung des bbz und die Berufung von Herrn Ohlmeier als Geschäftsführer beschlossen wurden.

Rücksicht auf die Kunden des bbz, die ihre Gelder (zur Weiterleitung und Auszahlung an ihre Beschäftigten) dem bbz anvertraut hatten und die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden des bbz haben die Landeskirche dazu bewogen, das bbz nicht insolvent werden zu lassen. Das bedeutete aber, nicht nur den Verlust der fehlangelegten 8,5 Mio €, sondern auch die seit 2004 ununterbrochen aufgelaufenen Verluste des bbz aus den laufenden Geschäften in Höhe von gut 12 Mio € zu tragen. Damit sind rund 21 Mio € Kirchengelder verloren. Insgesamt 21,6 Mio € sind in das Unternehmen eingebracht worden.

Eine Regressforderung gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über einen Teil der nach 2006 angefallenen Verluste ist geltend gemacht worden.

Seit Herbst 2011 ist es der neuen Geschäftsführung des bbz mit großem Einsatz gelungen, die Kunden von der Notwendigkeit zu überzeugen, in die laufenden Verträge einzugreifen und die Abrechnungspreise auf Marktniveau, also erheblich zu erhöhen. Auch trotz des Wegfalls des Großkunden Evangelische Kirche von Berlin-Brandenburg-Schlesische-Oberlausitz ist das bbz daher heute in der Lage, sein Geschäft ordentlich und ehrbar mit der Perspektive dauerhafter Kostendeckung zu betreiben. Das weitere ist dem schriftlich vorliegenden Bericht von Vizepräsident Drägert zu entnehmen.

Ich erlaube mir die persönliche Bemerkung, dass dies ein Verdienst des von der Kirchenleitung eingesetzten Geschäftsführers Herrn Ohlmeyer ist, der mit Geschick und großer Sachkunde das Unternehmen saniert hat. Die Rheinische Kirche ist ihm zu großen Dank verpflichtet.

 

Erste Fragen

Gegen kriminelle Energie wie Fälschung von Belegen oder Untreue sind Kirchen genau so wenig gefeit wie Wirtschaftsunternehmen. Die Hauptfrage, die sich aufdrängt ist: Warum hat das Unglück praktisch bis zum Schluss keiner kommen sehen? Kirchenleitende Stellen sind ja erst darauf aufmerksam geworden, als die Geschäftsführung im Januar 2011 eine befristete Ausfallbürgschaft und im Juli 2011 ein Liquiditätsdarlehen erbat. Die Frage, wer es hätte merken müssen, fragt nach Schuldigen. Das war nicht die Aufgabe der Kommission. Wir haben uns auf die Frage konzentriert, welche Strukturen geändert werden müssen, damit solche Fehler in Zukunft vermieden werden.

 

Im Nachhinein ist klar: Man hätte spätestens seit der Geschäftserweiterung 2000 erkennen können, dass die Abrechnungspreise zu knapp kalkuliert waren. Der Ausweg, mit der von Kunden treuhänderisch bereitgestellten Liquidität Geld zu verdienen, muss in sich noch nicht verwerflich sein. Die Optimierung des sogenannten „Working Capital“ ist heute eine anerkannte und saubere betriebswirtschaftliche Methode. Aber zu einem solchen Geschäftsmodell gehören auch das Management und die Beherrschung der mit ihm verbundenen Risiken. Ist bei dem bbz über diesen Weg oder das dafür erforderliche Risikomanagement gesprochen worden? Das ist aus keinem Protokoll einer Gesellschafterversammlung o.ä. zu erkennen.

Vor der Finanzkrise war es so ungewöhnlich nicht, gegen hohe Ertragsversprechen Millionen an eine Fondsgesellschaft auf den British Virgin Islands zu überweisen. Allerdings scheint keinem aufgefallen zu sein, dass diese Anlage nicht im Einklang mit den Richtlinien der Rheinischen Kirche vom 12. Dezember 2006 „Anlagen von Kapitalvermögen“ stand. War man der Meinung, dass solche Richtlinien für outgesourcte Unternehmen nicht gelten?

 

Ein erstes Alarmsignal finden wir in dem Protokoll der „Abschlussbesprechung Vorprüfung der Jahresrechnung 2006 der Landeskirche“ vom 23. Oktober 2007. Die Verabredung lautet dort, die Abteilung I des Landeskirchenamtes solle zu dem Problem (s. o.) noch eine ausführlichere Stellungnahme abgeben. Warum die Abteilung I (Personal) und nicht die für Finanzen und Vermögen zuständige Abteilung VI? Wem gegenüber sollte die Stellungnahme abgegeben werden? Deuten die Art und Weise der Verabredung, die Nichtleistung und das Nichtdaraufzurückkommen darauf hin, dass unter den Beteiligten klare Zuständigkeiten nicht gesehen/empfunden/gelebt wurden?

 

Der Kommission war klar, dass solche Probleme grundsätzlich auch bei anderen kirchlichen Einrichtungen auf allen Ebenen auftreten können. Sie hat sich darum an die Kirchenkreise gewandt mit der Bitte, Probleme und Erfahrungen mit eigenen wirtschaftlich tätigen Einrichtungen zu benennen. Die 16 eingegangen Antworten waren für unsere Arbeit sehr hilfreich. Allen, die uns dadurch geholfen haben, möchte ich danken.

 

Die Kommission sollte sich mit den inhaltlichen Voraussetzungen für die wirtschaftliche Tätigkeit von Kirche beschäftigen. Darum befinden sich in dem Bericht auch theologische und ethische Überlegungen. Ich nenne daraus nur wenige Überlegungen:

 

Theologische und ethische Fragen

Der genuine Auftrag der Kirche ist die Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus. An diesem Auftrag muss sich alles andere ausrichten. In der KO Art. 1 heißt es zudem:
„Sie nimmt den ihr aufgetragenen Dienst im öffentlichen Leben wahr“, indem sie „für die Beachtung der Gebote Gottes, für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ eintritt.

Geld ist also nicht nur ein Mittel, um den Verkündigungsauftrag zu erfüllen. Die Art, wie die Kirche mit ihrem Geld umgeht, ist selbst ein Teil glaubwürdiger Verkündigung. Wort und Tat müssen im Einklang miteinander stehen. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Kirche nicht nur nach innen, sondern insbesondere auch im öffentlichen Raum.

Das wirtschaftliche und finanzielle Engagement der Kirche wird sich also nicht primär an den Kriterien der Profitmaximierung, sondern vor allem an denen der Lebensdienlichkeit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit auszurichten haben. Dabei muss die Kirche sich an ihren eigenen ethischen Maßstäben (wie sie etwa in Verlautbarungen zum Ausdruck kommen) messen lassen.

Natürlich kann die Kirche auf fachliche Kompetenz, klar geregelte Zuständigkeiten, behaftbare Verantwortung, Transparenz, eine funktionierende Aufsicht und nicht zuletzt ein professionelles Krisen- und Konfliktmanagement nicht verzichten. Da Kirche in allen ihren Gliederungen ihren Dienst im öffentlichen Leben wahrnimmt, sollte sie Transparenz ihres eigenen wirtschaftlichen Handelns auch gegenüber einer kritischen Öffentlichkeit praktizieren.

Je intensiver kirchenleitendes Handeln mit wirtschaftlichem Handeln verquickt ist, desto dringlicher stellt sich die Frage, wer führt die Geschäfte, wer leitet und wer kontrolliert Leitung und Geschäftsführung bzw. Verwaltung. Die Frage der Gewaltenteilung und der damit verbundenen Verantwortlichkeiten bedarf einer grundsätzlichen Klärung.

Im Umfeld der Kirchen sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von Dienstleistungsunternehmen entstanden, die häufig in enger Kooperation zueinander stehen. Solche enge Kooperation ist aufgrund der vielfach im kirchlichen Bereich bestehenden Besonderheiten sinnvoll, weil nur zu Partnern, die über eine entsprechende Kompetenz verfügen, angemessene wirtschaftliche Beziehungen hergestellt werden können. Dies darf aber nicht dazu führen, dass unsachgemäße und unwirtschaftliche Sonderbedingungen eingeräumt werden. Es darf auch nicht zu Lasten der Objektivität speziell der Kontrollinstanzen gehen. Die Konzentration auf wenige Partner im kirchlichen und kirchennahen Bereich birgt die Gefahr, dass eigenständige „Biotope“ kirchennaher wirtschaftlicher Akteure entstehen, die zwar durch Kompetenz und Vertrauen Entscheidungswege verkürzen können, auf der anderen Seite aber möglicherweise eine effektive Kontrolle verhindern.

Es gehört inzwischen zur üblichen Praxis in der Wirtschaft, aus größeren Unternehmen Teile auszugliedern. Das kann der Transparenz dienen und so zu effektiverem wirtschaftlichen Handeln führen. Ein derartiges Outsourcing bedarf aber gerade in der Kirche einer besonderen Begründung. Denn solche ausgegliederten Unternehmen werden unbeschadet konkreter Eigentumsverhältnisse in der öffentlichen Wahrnehmung als Teil der Kirche angesehen und gelten als kirchliche Unternehmen. Für sie müssen darum die gleichen ethischen Kriterien gelten wie für kircheneigene Unternehmen. Mittels Outsourcing Kosten senken darf beispielsweise nicht einhergehen mit Lohndumping oder schlechteren Arbeitsbedingungen. Man mag zwar durch Outsourcing die ökonomischen Haftungsrisiken minimieren, die moralischen Haftungsrisiken bleiben für die Kirche und die kirchlichen Einrichtungen in jedem Fall erhalten. Das gleiche wie beim Outsourcing gilt im Grundsatz auch, wenn man Dienstleistungen von Dritten einkauft. Es darf der Kirche nicht gleichgültig sein, welche Unternehmen im eigenen Bereich tätig werden.

Sie merken, die Aufgabe der Kommission drohte auszuufern. Eine Eingrenzung war erforderlich.

 

Eingrenzung der Aufgabe

Entsprechend dem Anlass hat sich die Kommission schwerpunktmäßig mit dem wirtschaftlichen Handeln in kirchlichen Einrichtungen und Unternehmen beschäftigt. Was kirchliche Einrichtungen sind, ist nicht alleine von der Rechtsform abhängig. Viele kirchliche Aktivitäten sind auf Vereinsbasis organisiert. Aber auch andere Rechtsformen wie Stiftung, Genossenschaft, GmbH sind üblich. Für viele dieser Einrichtungen ist die Kirche im strengen Sinne nicht haftbar. In der Öffentlichkeit erscheinen diese Einrichtungen aber oft als kirchliche Einrichtungen. Die Kirche wird in kritischen Situationen mit in die Verantwortung gezogen. Das gilt insbesondere wenn kirchliche Gremien Personen in Aufsichtsgremien entsenden. Darum hatte die Kommission auch solche im weiteren Sinne kirchlichen Einrichtungen mit im Blick.

Entsenden kirchliche Gremien Personen in Leitungs- und Aufsichtsgremien solcher im weiteren Sinne kirchlichen Einrichtungen, dann begründet das eine Verantwortung gegenüber den Menschen, die solche Aufgaben wahrnehmen. Darum hat die Kommission sich auch mit einigen seelsorglichen Aspekten beschäftigt. Auch der Umgang mit Fehlern, die trotz insgesamt verantwortlichen Handelns unvermeidbar sind, gehört zum glaubwürdigen und evangeliumsgemäßen Handeln der Kirche.

 

Ich komme nun zu den

Empfehlungen

 

Klare Strukturen sind die Grundvoraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung und Umsetzung von Entscheidungen. Wer entscheidet? Wer setzt die getroffenen Entscheidungen um? Wer kontrolliert die Entscheidungsorgane und die Umsetzung der von ihr getroffenen Entscheidungen? Diese Kompetenzen müssen klar verteilt sein. Interessenkonflikte handelnder Personen innerhalb dieser Strukturen (Agieren mit „verschiedenen Hüten“) sind möglichst zu vermeiden.

 

Das gilt zunächst einmal für das Verhältnis von Landessynode, Kirchenleitung und Landeskirchenamt. Die Landessynode leitet die Evangelische Kirche im Rheinland (KO 128 (1)). Eine Aufgabe der Synode ist es auch, die Entscheidungen der Kirchenleitung und ihre Ausführung durch das Landeskirchenamt zu kontrollieren (KO 129 (3)). Die Kirchenordnung sieht vor, dass der Präses sowohl der Vorsitzende der Synode als auch der Kirchenleitung und des Kollegiums des Landeskirchenamtes ist (KO 156 (1)). Wenn beispielsweise die Kirchenleitung von der Synode in ihrer Leitungstätigkeit angefragt ist, erhebt sich die Frage, ob diese Beratungen von einem Mitglied der Kirchenleitung geleitet werden können. Das haben nicht nur die Beratungen zum Thema bbz gezeigt. Die Kommission empfiehlt, einen eigenen Synodalvorstand (Präsidium) zu bilden und die Kirchenordnung entsprechend zu ändern.

Die Kirchenleitung überträgt die Ausführung ihrer Entscheidungen der Verwaltung und ist damit auch dafür verantwortlich, die sachgemäße Ausführung zu kontrollieren. Auch in diesem Falle ist es schwierig, wenn der Präses gleichzeitig Vorsitzender des Kollegiums des Landeskirchenamtes ist und als solcher die Entscheidungen des Landeskirchenamtes vor der Kirchenleitung vertreten muss. Auch hier halten wir eine Entflechtung der Zuständigkeiten für notwendig.

Die Organisationsuntersuchung des LKA von Steria Mummert stellt in ihrem Bericht vom 28. Dezember 2007 einen „Widerspruch zwischen hohem Vertrauen zu den leitenden Personen der Landeskirche und auch des LKA, die eine sehr hohe Wertschätzung genießen, und spürbarem Misstrauen zu den Gremien auf landeskirchlicher Ebene“ fest. Das muss also strukturelle Ursachen haben. Die Vermutung liegt nahe, dass eine der Ursachen in der unklaren Verteilung der Verantwortlichkeiten zwischen der Leitung, der Ausführung von Entscheidungen und ihrer Kontrolle liegt. Auch das hat uns zu der Einschätzung geführt, dass über das Problem der Gewaltenteilung grundsätzlicher nachgedacht werden muss.

Eine solche Entflechtung hätte auch Konsequenzen für die Kirchenkreise und ihre Leitungsstrukturen. Konsequenzen für die Kirchengemeinden wären zu prüfen. Eine Kirchenverfassung muss in sich stimmig sein.

 

Solche grundlegenden Änderungen sind nicht ohne eine gründliche Diskussion in der gesamten Landeskirche möglich. Die Kommission empfiehlt daher die Einsetzung eines Projektausschusses, der sich mit den Konsequenzen der nach unserer Auffassung erforderlichen Gewaltenteilung für die Kirchenordnung beschäftigt.

 

Dabei geht es zunächst um die Aufarbeitung des Problems. Der Projektausschuss könnte gegebenenfalls Vorschläge für eine Überarbeitung der Ordnungen vorlegen. Dabei sollten Erfahrungen aus anderen Landeskirchen sowie die Diskussion in der Rheinischen Kirche aufgenommen werden. Der Verweis auf die Entstehung und die Tradition der Kirchenordnung und der Stolz auf diese Ordnung scheint uns kein ausreichender Grund für die Ablehnung solcher Veränderungen zu sein.

 

Im Landeskirchenamt geschieht die Aufgabenwahrnehmung durch die Dezernate in der Regel orientiert an den jeweiligen Fachgebieten. Entsprechend ist die Vertretung der Landeskirche in den verschiedensten Aufsichts- und Leitungsgremien geregelt. Sie entscheiden auch über wichtige finanzielle Angelegenheiten. Es kann nicht erwartet werden, dass die jeweiligen Theologinnen bzw. Theologen oder Juristinnen bzw. Juristen über ihr Fachgebiet hinaus auch die Kompetenz in finanziellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten haben. Der Finanzdezernent oder die Finanzdezernentin sollte somit eine Mitzuständigkeit in Angelegenheiten mit finanziellen Auswirkungen haben. Das betrifft auch die Beratungen in den entsprechenden Aufsichts- und Leitungsgremien. Die Zuständigkeiten und die Verantwortlichkeiten der Finanzabteilung und der Fachabteilungen sind klar abzugrenzen.

 

Es gibt derzeit keine für den gesamten Bereich der Finanzen der Landeskirche zuständige und mit einer entsprechenden Anzahl von qualifizierten Personen besetzte Finanzabteilung. Die Finanzabteilung bedarf, nicht nur wegen des vorangegangenen Vorschlages sondern auch wegen weiter unten genannter Vorschläge einer angemessenen fachlichen und personellen Verstärkung. Diese muss mit einer Erweiterung des fachlichen Kompetenzspektrums einhergehen.

 

Es ist zu überlegen, ob der Finanzdezernentin bzw. dem Finanzdezernenten bei Beschlüssen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen ein Vetorecht eingeräumt wird, das zu einer erneuten Behandlung des Gegenstandes in der Kirchenleitung oder zu einer Behandlung und Beschlussfassung in der Synode führt. Das stärkt sie bzw. ihn, gibt ihr oder ihm aber auch eine größere Verantwortung.

 

Im Bericht folgen jetzt Hinweise für kirchliche Einrichtungen im weiteren Sinne wie Vereine Stiftungen, die ich aus Zeitgründen nicht vortragen werde. Im Blick auf GmbH's stellt die Kommission fest, dass die Geschäftsführung in der Regel einen besonders großen Entscheidungsspielraum. Hier muss die Gesellschafterversammlung besonders kompetent besetzt sein, damit die Geschäftsführung das Geschehen nicht dominiert. Für eine GmbH sollte vom (kirchlichen) Träger zwingend ein Aufsichtsrat bestellt werden, der mit externem Sachverstand ausgestattet ist und so seine Aufsichts- und Kontrollfunktion tatsächlich wahrnehmen kann.

 

Die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit von Beteiligungen an wirtschaftlichen Unternehmungen ist genau zu prüfen und fortlaufend zu überprüfen. Dazu sind genaue Kenntnisse über die jeweiligen Unternehmen erforderlich. Wir empfehlen die Einrichtung eines Beteiligungsmanagements im Finanzdezernat des Landeskirchenamtes.

 

Die Kommission hatte vom Landeskirchenamt eine Liste sämtlicher Beteiligungen, Stiftungen und Vereine in kirchlicher Trägerschaft erbeten. Sie musste feststellen, dass eine einigermaßen vollständige Übersicht darüber nicht bestand. Wir halten es für erforderlich, dass im Finanzdezernat ein vollständiges Register aller der Kirche zuzurechnenden Beteiligungen und Vereine geführt wird. Für kirchliche Stiftungen ist das bereits im Kirchlichen Stiftungsgesetz geregelt. In diese Liste sollten alle Einrichtungen aufgenommen werden, für die im Zweifel die Kirche finanziell oder ideell in Haftung genommen wird.

 

Die Übersicht über die landeskirchlichen Beteiligungen müssen der Landessynode, die der Beteiligungen auf Kirchenkreisebene den Kreissynoden (mindestens aber den jeweiligen Finanzausschüssen) mit den entsprechenden Vermerken der Wirtschaftsprüfer im Rahmen der Haushaltsberatungen zur Kenntnis gegeben werden. Auf Probleme und Risiken ist dabei ausdrücklich hinzuweisen.

 

Der Erwerb von Beteiligungen bedarf als Ausnahmetatbestand einer besonderen Rechtfertigung und ist hinreichend aussagekräftig zu begründen. Beteiligungen der Landeskirche an wirtschaftlichen Unternehmen bedürfen einer Entscheidung der Kirchenleitung. Es reicht nicht, wenn die Kirchenleitung eine solche Entscheidung wie etwa beim Erwerb des bbz nur zur Kenntnis nimmt. Das gleiche gilt, wenn der Geschäftszweck sich wesentlich ändert. Hier ist eine vorherige Entscheidung der Kirchenleitung erforderlich. Vergleichbares sollte auch für entsprechende Einrichtungen auf anderen Ebenen und in anderen Bereichen gelten.

 

Das Beteiligungsmanagement sollte auch dafür zuständig sein, die Wirtschaftsprüfberichte zur Kenntnis zu nehmen und bei Beanstandungen auf Abhilfe zu drängen bzw. bei bedingten Prüfvermerken auf die Einhaltung der Bedingungen zu achten. Es sollte über ein Frühwarnsystem verfügen, durch das wirtschaftliche Schieflagen und Risiken rechtzeitig erkannt werden können.

 

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft darf nicht durch den zu Prüfenden ausgewählt werden. Ihre Beauftragung bedarf jährlich eines Beschlusses des Aufsichtsgremiums. Sofern nicht gewichtige Sachgründe dagegen sprechen, sollte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in regelmäßigen Abständen, jedenfalls alle fünf Jahre, sowie darüber hinaus aus gegebenem Anlass gewechselt werden, damit nicht Gewohnheit dazu führt, dass Mängel übersehen oder gar verschleiert werden. Wo dieses Wechselgebot aus sachlichen Gründen nicht sinnvoll erscheint, müssen die Aufsichtsgremien besondere Sorgfalt walten lassen.

Ich komme noch einmal zum Thema Outsourcing. Bei ausgegliederten Firmen mag zwar die formale Zuständigkeit in andere Hände übergehen. Die Verantwortung für das Projekt als Ganzes bleibt aber in der Regel bei dem Unternehmen, das die Ausgliederung vorgenommen hat (z.B. Kantine der Kirchlichen Hochschule). Es bedarf also einer besonderen Begründung für die Ausgliederung. Die Führung als Eigenbetrieb als Alternative ist zu prüfen, zumal, wenn Zuschüsse der Landeskirche oder des früheren Trägers erforderlich sind.

 

Wir empfehlen die Erarbeitung von Richtlinien, welche Standards (z.B. Tariftreue) eingehalten werden sollten, wenn kirchliche Einrichtungen Dienstleistungen von Dritten einkaufen. Für das Thema Auftragsvergabe ist das in der Synode ja bereits ausführlich diskutiert worden.

 

Zum Thema Geldanlagen: In der Evangelischen Kirche im Rheinland sind (zuletzt im Amtsblatt vom 15. Januar 2007) Richtlinien für die Geldanlage veröffentlicht worden. Das war vor der Finanzkrise, die wesentliche, neue Erkenntnisse gebracht hat. Diese Richtlinien bedürfen dringend einer Überarbeitung. Sie sollten neben finanztechnischen Kriterien wie Mündelsicherheit und Liquidität auch ethische Kriterien, die u. a. ökologische und soziale Aspekte berücksichtigen, enthalten. Hoch riskante Geldgeschäfte sind schon aus diesem Grunde nicht akzeptabel. Rendite alleine darf nicht das Hauptkriterium sein. Die Richtlinien müssen für alle der Kirche zuzurechnenden Institutionen und Unternehmen auf allen Ebenen gelten. Wenn man sich danach gerichtet hätte, wären die Geldanlagen des bbz, die zu erheblichen Verlusten geführt haben, nicht zulässig gewesen.

Es kann durchaus sinnvoll sein, dass zum Beispiel die Landeskirche anderen kirchlichen Einrichtungen für bestimmte Aufgaben Darlehen zur Verfügung stellt. Dazu müssen die Entscheidungsbefugnisse klar geregelt sein. Bei größeren Summen ist eine Entscheidung der Kirchenleitung erforderlich. Solche Darlehensverträge bedürfen der Schriftform und müssen klare Regelungen über Sicherheiten sowie Zins- und Tilgungsverpflichtungen enthalten.


Es sollte ein Anlageausschuss gebildet werden, der mit kompetenten Bankfachleuten besetzt ist und die Kirchenleitung in allen Anlagefragen berät. Er sollte auch Kirchenkreisen, Kirchengemeinden und anderen kirchlichen Einrichtungen als Beratungsorgan zur Verfügung stehen.

 

Zum Schluss ein paar Bemerkungen zur Verantwortung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Insbesondere ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirche werden oft mit Aufgaben betraut, auf die sie nicht ausreichend vorbereitet sind. Das hat vor allem das Echo auf unseren Brief an die Kirchenkreise gezeigt. Um Aufsichts- und Leitungsaufgaben wahrnehmen zu können, bedarf es nicht nur der Anbindung an die Kirchengemeinde also des „kirchlichen Hintergrundes“. Auch hinreichende Fachkenntnisse betriebswirtschaftlicher, juristischer und sonstiger Natur sind Voraussetzung. Wenn diese Kenntnisse in den entsprechenden Gremien nicht ausreichend vorhanden sind, sollte man notwendige externe Beratungskompetenz hinzuziehen. Ständige Überforderung ist ein unverantwortlicher Umgang mit Ehrenamtlichen.

Die Kirche sollte regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen anbieten, in denen ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Fragen von Vereinsrecht, Wirtschafts- und Finanzfragen und anderes für ihre Aufgaben qualifiziert werden. Wir empfehlen die Erstellung eines auch für Laien verständlichen Leitfadens, der allen Betroffenen zur Verfügung gestellt wird.

 

In den Gemeinden ist viel Kompetenz auch in finanziellen Angelegenheiten vorhanden. Dieses Kapital gilt es zu nutzen. Es ist nicht automatisch in Presbyterien und Synoden vertreten. Der Blick sollte sich auch auf die richten, die in solchen Gremien nicht vertreten sind. Sie sollten stärker für eine Mitarbeit gewonnen werden. Damit solche Menschen stärker in die Verantwortung eingebunden werden können, sollten Ordnungen auch darauf hin geprüft werden, ob nicht bessere Möglichkeiten geschaffen werden können, dass entsendende Gremien auch solche Personen z.B. in Vorstände und Aufsichtsorgane entsenden können, die nicht Mitglied der Gremien sind.

 

Auch hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirche werden in ihrem Amt oft mit Aufgaben betraut, für die sie nicht ausgebildet sind. Der klassische Fall: Ein Superintendent wird automatisch Vorsitzender des Diakonievereins. Wo solche strukturellen Verknüpfungen notwendig erscheinen, sollten Qualifizierungsangebote gemacht werden, die zielgerichtet und effektiv sind.

Personen, die in ein Gremium entsandt worden sind, sollten die Gelegenheit haben, in dem entsendenden Gremium regelmäßig über ihre Arbeit zu berichten. Sie sollten Probleme benennen und mögliche Schwierigkeiten zur Sprache bringen können. Sie brauchen die Begleitung derjenigen, die sie beauftragt haben.

 

Für alle Beratungen sollte gelten: Freundschaftliche Verbindungen (das kirchliche „Du“) ersetzen keine gründlichen Beratungen und Auseinandersetzungen. Sachlich gebotener Widerspruch darf nicht zu Feindschaften führen. Anfragen begründen noch kein Misstrauen. Ein Kompetenzvorsprung des einen darf nicht zur Verunsicherung der anderen führen. Wir sind alle miteinander Lernende. Dieser Geist sollte unsere Beratungen und Entscheidungen leiten.

 

Selbst wer rechtlich schuldig geworden oder seiner Verantwortung nicht gerecht geworden ist, darf gerade in der Kirche nicht fallen gelassen werden. Es geht nicht darum, Sündenböcke zu suchen, sondern aus Fehlern zu lernen und sich gegenseitig zu helfen. Es muss immer Brüder und Schwestern geben, die sich um diesen Menschen kümmern. Darauf zu achten, das ist eine zentrale Aufgabe von Gemeinde. Das gilt auch im Blick auf die Vorgänge um das bbz, die Anlass zu diesen Ausführungen waren

 

Druckversion | Sitemap
© Manfred Alberti

Diese Homepage wurde mit IONOS MyWebsite erstellt.