01.10.2025
(mit aktuellen Ergänzungen nach Absenden des Briefes- anschließend)
An die zukünftige Wuppertaler Oberbürgermeisterin Frau Miriam Scherff
An die Fraktionsleitungen im
Wuppertaler Stadtrat (mit der Bitte um Weiterleitung an die Ratsmitglieder)
Sehr geehrte Frau Scherff,
sehr geehrte Stadtverordnete,
herzliche Glückwünsche zu Ihren erfolgreichen Wahlen.
Sie werden in den nächsten Tagen Ihre politischen Haltungen zu den Wuppertaler Projekten der nächsten Stadtratsperiode, u.a. zur BUGA, erörtern und planen.
Die BUGA-Planungen wurden in den letzten Jahren leider ohne kritische Begleitung durch Stadtrat und Bürger vor allem vom Oberbürgermeister durchgezogen. Deshalb haben sich so viele Argumente
angesammelt, dass eine kritische Diskussion der BUGA-Planungen m.E. das Gebot der Stunde ist. Wuppertal läuft in eine sehr gefährliche und finanziell brisante Situation hinein, wenn nicht der Stand
der BUGA-Planungen mit den kritischen Argumenten ergebnisoffen intensiv diskutiert wird.
In meinen Augen sind da vor allem folgende Punkte brisant:
1.) Blamables zerstückeltes BUGA-Areal
Der naheliegende Vergleich der Landesgartenschau in Neuss 2026 mit der Wuppertaler BUGA 2031 zeigt deutlich, dass die BUGA in Wuppertal keine Erfolgs-BUGA werden kann, sondern eine peinliche Blamage
droht: Die LAGA Neuss findet mit ihren Veranstaltungen besucherfreundlich kompakt innenstadtnah auf den umgestalteten 39 Hektar der alten Gallopprennnbahn statt. Die BUGA in Wuppertal aber ist
zerstückelt in sieben Mini-Flächen, die jeweils mehrere hundert Meter oder sogar mehrere Kilometer entfernt auseinander liegen: Im Bild ist das wie eine Wäscheleine mit sieben kleinen
Zetteln. Diese Flächen umfassen jeweils nur ein bis maximal sieben Hektar. Für die oft älteren Besucher schlecht überschaubar, mit den Fußwegen oder ÖPNV-Fahrten zwischendurch schwierig planbar
und sehr anstrengend und hektisch. Verglichen mit Neuss wäre ein BUGA-Besuch in Wuppertal katastrophal schlecht. Miserable Bewertungen sind zuhauf zu erwarten. Diese BUGA kann keine Werbung für
Wuppertal sein.
2.) Verkehrssituation als Ärgernis für Besucher
Zählt man dann noch die zu erwartende katastrophale Verkehrslage im engen Vohwinkel und Sonnborn und auf den Neubaustellen des Sonnborner Kreuzes hinzu, wird das Hauptziel der BUGA total
verfehlt: Die Verbesserung des Images Wuppertals wird verkehrt ins Gegenteil und die Werbung für weitere Besuche kippt: "Nie wieder Wuppertal!"
3.) "Schub für die Stadtstruktur"?
Der große Traum vieler BUGA-Befürworter ist der massive Schub für die Verbesserung der Stadtstruktur, wie ihn viele BUGA-Städte erlebt haben. Das ist aber für Wuppertal völlig unrealistisch, da kein
einziger neuer Quadratmeter an Investitionsfläche für Wohnen oder Gewerbe durch die BUGA gewonnen wird. Heilbronn und Mannheim haben durch den Umbau des Hafens und des riesigen Militärgeländes sehr
hochwertige Flächen durch die BUGA gewonnen, die den Stadtstrukturen neue Möglichkeiten eröffnen. Wuppertal hat dagegen Null. Selbst das Lokschuppenareal hat Clees schon lange vor der BUGA und
unabhängig davon erworben. Der Rückfluss eines sechsfachen Eigenbeitrages der Stadt (d.h. 438 Mio. €) ist ein völlig unrealistischer Traum.
4.) Hängeseilbrücke und Seilbahn
Die geplante Hängeseilbrücke ist keine der touristisch attraktiven "Hängeseilbrücke im tibetischen Stil" (von Seite zu Seite durchhängend) wie in Willingen und im Harz, sondern ist nur die kleinere
Version einer normalen Rheinbrücke. Also touristisch langweilig.
Eine Baugenehmigung wird vom Gutachter der Stadt (Büro Redeker) sehr bezweifelt, da in NRW die gesetzlichen Grundlagen fehlen, eine Brücke zu privaten (Gewinn-)zwecken (mit Eintritt) mit den
Privilegien einer Brücke für den öffentlichen Verkehr bauen zu können.
Der Gutachter weist auch darauf hin, dass lange Gerichtsverfahren über zwei Instanzen (vier Jahre) aufgrund von Anliegereinsprüchen (Z.B. Schutz des Wohnraums nach GG Art.13) den Bau verhindern
können.
Ob eine Seilbahn mit landschaftsbestimmenden hohen Gerüsten im denkmalgeschützten Zoo genehmigungsfähig ist, ist genauso zweifelhaft wie die Frage, ob das den alten Baumbestand im Zoo um zehn Meter
überragende Parkhaus auf dem Zooparkplatz mit der Seilbahnstation in der obersten Etage (Lärmquelle) innerhalb des im Ganzen denkmalgeschützten Zooviertels gebaut werden kann.
5.) Grüner Zoo
Der Zoo hat täglich im Jahresdurchschnitt 1300 Besucher. Die BUGA brächte im Durchschnitt ein Plus von täglich 10000 Besuchern, an starken BUGA-Wochenenden bis zu 40000 Besuchern. Wie der Zoo
diese Besuchermassen zusätzlich zu den normalen Gästen (Kleinkinder mit Eltern oder Großeltern) ohne Schaden verkraften soll, ist mir ein Rätsel. An BUGA-Ausstellungsfläche sind für den Zoo 1,1
Hektar vorgesehen.
6.) Finanzen
Die Finanzierung der BUGA (Eigenbeitrag 73 Mio. €) ist angesichts der Notwendigkeit eines Haushaltssicherungskonzeptes sehr ungewiss. Zudem wird das Highlight für die Bevölkerung, der Radwegering,
zusätzlich zur BUGA nicht zu finanzieren sein: Seine Realisierung wäre anstelle der BUGA sehr viel leichter.
Angesichts dieser massiven Probleme (und sehr vieler anderer) für eine Wuppertaler BUGA 2031 sehe ich keine realistische Möglichkeit, diese BUGA mit den Hauptzielen "zufriedener Besucher" und einer
"Werbung für Wuppertal" durchzuführen.
Vorschlag:
Ich möchte Ihnen vorschlagen, dass Sie in einem gemeinsamen Beschluss mit den anderen Parteien diese BUGA jetzt absagen, um die vergeblich ausgegebenen Mittel in einem begrenzten Rahmen zu
halten.
Es ist besser, jetzt ein Ende zu setzen und trotz der "Absagegebühr" von vier Mio. € mehr als 50 Millionen € einzusparen, statt mit vergeblichen Hoffnungen weiter zu planen und zu investieren und
nachher doch absagen zu müssen.
Bei diesem für Wuppertal vorteilhaften gemeinsamen Absagen kann keine Partei daraus politische Vorteile ziehen.
Viele Grüße und gute Beratungen Manfred Alberti
p.s. 1: Diskussionsangebot
Wenn Einzelne oder Gruppen Nachfragen oder Diskussionsbedarf zu meinen kritischen Äußerungen zur BUGA haben, stehe ich sehr gerne zu Gesprächen zur Verfügung. Sehr viele Informationen finden Sie auf
meiner Homepage "www.manfredalberti.de".
p.s. 2: Bürgerbefragung
Von einer neuen Rats-Bürgerbefragung wie bei der Seilbahn würde ich abraten. Ganz abgesehen davon, dass sie vermutlich ca. eine halbe Millionen Euro kosten würde, könnte sie auch kein realistisches
Bild der Bürgerinteressen zeigen. Dazu sind von Stadtseite und von Interessenten aus zu viele gravierende Falschinformationen gestreut worden, die ein viel zu positives Bild von der BUGA bei etlichen
Bürgern erzeugt haben dürften.
Beispiel 1: Eine (Wuppertaler) BUGA könnte das Sechsfache der Eigeninvestitionen an Investitionen erzeugen: Das wären unglaubliche 438 Mio. € Fremdinvestitionen bei null Quadratmetern neuer
Investitionsfläche.
Beispiel 2: Die Mannheimer BUGA 2023 hätte einen Überschuss von 1 Mio. € erwirtschaftet, dabei hat sie lediglich ihr Defizit um eine Mio. € verringern können. (Schaubild beim Referat
Brambora-Schulz)
Beispiel 3: Die BUGA koste nur ca. 70 Mio. € bei 38 Mio. € Wuppertaler Eigenanteil. So steht es (trotz mehrfacher Bitten um Korrektur) falsch auf der Internetseite der Stadt: richtig lt.
Machbarkeitsstudie von 2024: ca. 145 Mio. € Kosten bei 73 Mio. € Eigenbeteiligung der Stadt
Wichtig für die Meinung der Bevölkerung dürfte auch die Haltung der Presse sein, die die BUGA nach Kräften unterstützt, aber den Gegenargumenten fast keinen Raum gegeben
hat. Mehrere Interviews gab es in der WZ mit BUGA- Befürwortern, wie dem Förderverein, aber nicht ein einziges Interview mit BUGA-Kritikern.
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Ergänzungen:
1.) Überlastete Bauindustrie
Niemand konnte bis Anfang dieses Jahres eine große Schwierigkeit voraussehen: Die Überlastung der Bauindustrie durch die Bauvorhaben des militärisch - industriellen Komplexes:
- Der Wehrdienst braucht neue Kasernen in riesigem Umfang,
- die aufgegebenen Übungsplätze und Lager müssen wieder aufgebaut werden,
- die dem Militär verhaftete Industrie muss Neubauten realisieren in riesigem Umfang,
- die Verkehrswege Richtung Osten sollen strukturell panzertauglich gemacht werden und benötigen neue Autobahnbrücken und neue Bahngleise,
- die Hafenanlagen für Deutschland als Transitland brauchen Erweiterungen etc.
Dieses möglichst schnell zu bewältigende Bauvolumen überfordert die vorhandenen und ausbaubaren Kapazitäten. Der Wettbewerb um Baufirmen, Architekten und Spezialisten wird die Preise in
große Höhen treiben.
Wenn eine Kommune dann Kapazitäten für eine Bundesgartenschau anfordert, muss sie einmal mit den Preisen mithalten. Außerdem wird sie ihr öffentliches Renomee ruinieren, wenn sie angesichts des in
der Öffentlichkeit breit anerkannten Vorrangs der militärischen Hochrüstung Baukapazitäten für eine Gartenschau verlangt und hoch bezahlt. Sehr fraglich ist die Bereitschaft der Bahn, neue Brücken
für eine BUGA zu bauen, wenn sie an anderen Stellen notwendige Bauten nicht leisten kann.
Die aktuelle Streichung durch den Bund von fest für 2026 zugesagten Neubauten fehlender Autobahnteilstücke (z.B. A 44 Velbert-Ratingen) lässt Schwierigkeiten bei u.a. den Neubauten des
Sonnborner Kreuzes während der BUGA erwarten wie auch die Weigerung anderer Bundesinstitutionen, wie der Bahn, nicht absolut notwendige Bauvorhaben überhaupt in Angriff zu nehmen (Renovierung Bahnhof
Vohwinkel, Brückenbau zu Eingangsgebäude Lokschuppenareal).
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